Palmerston

1. - 9. Oktober 2018

Nach 677 Seemeilen, 5 Nächten und fast 6 Tagen, haben wir vor dem Außenriff von Palmerston (es gibt hier keinen befahrbaren Pass in die Lagune) an einer Boje festgemacht, was bei 30 Knoten Wind gut gelungen ist. Es war die letzte der 8 verfügbaren Bojen. Zur Begrüßung bläst ein Wal in unmittelbarer Nähe vom Boot, zeigt noch einmal seine Flosse und taucht wieder ab.

Während des Aufenthaltes auf Palmerston sind wir (wie die anderen Segler) Gäste einer der drei auf der Insel lebenden Familien, wir bei Edward und seiner Familie. 

Wir lassen bei einer Wassertiefe von 46 m zusätzlich den Anker 30 m hinunter. Das ist eine von Edward empfohlene Vorsichtsmaßnahme, falls die Boje versagt und der Wind auf West dreht, dann setzt sich der Anker im steil ansteigenden Seeboden fest und wir werden nicht auf das Riff getrieben, können noch reagieren. 

2. Oktober: Nachdem die Formalitäten (Immigration, Zoll und Biosecurity, insgesamt 90 USD) erledigt sind und die Kommission das Boot wieder verlassen hat, werden wir abgeholt und zur Insel gefahren. Die Fahrt durch das Riff ist ein wilder und feuchter Ritt. Ein Selbstfahren mit dem Dinghy wäre zu viel Risiko und ist auch nicht erlaubt. 

Der Tagesablauf ist geregelt: Die Segler werden gegen 10 Uhr von ihren Booten abgeholt, verbringen den Tag auf der Insel, haben gemeinsam Lunch mit der Familie und werden am späten Nachmittag wieder zurück gebracht. Diese Gastfreundschaft ist wohl einmalig und hat sich in Seglerkreisen herumgesprochen. Im Augenblick sind 10 Boote (zwei vor Anker und 8 an der Boje) hier, was für die kleine Insel viel ist.

Während draußen der Wind weiterhin mit rund 30 Knoten bläst, ist es im Inneren der Insel - der dichte Wald mit seinen jahrhundertalten Mahagonibäumen und extrem hohen Kokospalmen ist wunderschön - praktisch windstill und warm. Es gibt gepflegte und liebevoll angelegte Straßen mit Beleuchtung und hin und wieder aus Holzstämmen gefertigte Bänke. Nach den Tagen am Boot ist es angenehm entspannend, durch den schattigen Wald zu schlendern. 

Wir lernen Segler aus Italien, USA, Schweden, Russland, Kanada, Vietnam, Schweiz und Frankreich von den anderen Booten kennen, erkunden die Insel und treffen einander wieder zum Lunch beim Haus von Edward, unserem Gastgeber. Elia aus Russland spielt auf der Gitarre und singt selbst komponierte Lieder.

Palmerston ist eine der Cook Inseln, ist selbstverwaltet und steht in enger Kooperation mit Neuseeland. Versorgungsschiffe kommen alle paar Monate vorbei, Segler bringen ebenfalls das eine oder andere mit. Wir haben z.B. zwei 25kg-Säcke Zucker und Tabak aus Bora Bora mitgebracht (per E-Mail vorher vereinbart). Die Insel wirkt sehr gut organisiert (Schule, Verwaltung, Straßen, Beleuchtung, Solaranlage, etc.), die Menschen sind selbstbewusst, weltoffen und sehr freundlich. 50 - 60 Menschen (alle miteinander verwandt) leben derzeit auf der Insel, davon 12 schulpflichtige Kinder. Die Jungen gehen oft nach Neuseeland  oder nach Rarotonga, dem Zentrum der Cook Inseln. Heiraten innerhalb der Familien sind seit jeher verboten. 

Palmerston ist ein Atoll mit einem geschlossenen Außenriff, flach, dicht bewaldet und hat eine interessante Geschichte: William Marstersen, ein englischer Schiffszimmermann, siedelte sich Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem kleinen südpazifischen Atoll an. Er lebte hier mit seinen drei (bis 4) polynesischen Frauen und den vielen Kindern (17-23) und Enkelkindern (57) bis zu seinem Tode 1899. In einem Brief an Königin Victoria bittet er, ihm die kleine, einsame Südseeinsel zu überlassen. Die Bitte wird ihm handschriftlich von der Königin erfüllt. Seine Nachfahren - drei Familien, die heute noch auf der Insel leben  - sind weiterhin die Eigentümer der Insel. Ihre Muttersprache ist Englisch. 

4. Oktober: In den Abendstunden hat der Wind, der 7 Tage und Nächte mit um die 30 Knoten geblasen hat, auf ca. 20 Knoten nachgelassen, das Heulen in der Takelage ist weniger geworden. Wir überlegen, bald wieder Segel zu setzen und weiter Richtung Westen nach Tonga zu fahren. 

 

Der Wind lässt weiter nach. In der Vorhersage sehen wir allerdings ab dem dritten Tag nach Tonga eine lange, fast windstille Strecke, sodass sich unsere Abfahrt von Palmerston noch verzögert. Am 9. Oktober ist es dann so weit. Die Vorhersage ist günstig. Nach dem Frühstück setzen wir noch an der Boje die Segel und nehmen die ca. 800 Seemeilen bis Nuku'alofa (in der Tongatapu Inselgruppe, im Süden des Tonga Archipels gelegen) in Angriff.

Überfahrt von Palmerston nach Tonga

9. - 16. Oktober 2018

Die Überfahrt ist alles andere als angenehm. Die meiste Zeit ist es stark bewölkt. Immer wieder regnet es - zum Teil stundenlang und sehr heftig. Die Wellen kommen entweder von der Seite und sind hoch oder sind komplett unregelmäßig (Kreuzsee). Es ist recht kühl. Der Wind sollte aus Südost kommen, kommt aber aus Ost und aus Ostnordost. 

Am 4. Tag schläft der Wind für ca. 5 Stunden ziemlich ein, dreht dann innerhalb einer Minute (!) von Ostnordost auf Südost (rund 70 Grad) und nimmt kräftig auf 25 bis 30+ Knoten zu. Wir sind darauf vorbereitet (stimmt mit der Vorhersage überein), haben bereits das 3. Reff im Groß. Dann geht es so richtig dahin. Trotz drittem Reff kommen wir auf über 8 Knoten Geschwindigkeit, die Wellen sind sehr hoch, das Cockpit wird regelmäßig überschwemmt. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Überfahrt nach Neuseeland.