3. - 21. Oktober 2023:
Für das Crossing haben wir die Dienste unseres bewährten Wetter-Gurus Chris Parker in Anspruch genommen. Die Strecke ist mehr als 4.000 km lang, wir rechnen mit rund 16 Tagen. Vorhersagen von Predict Wind sind für maximal 10 Tage und daher für die gesamte Überfahrt nicht möglich.
Am 3. Oktober um 9 Uhr früh legen wir ab. Wir haben Süd-Ost-Passat zwischen 15 und 20 Knoten, die See ist sehr rau. Wir segeln mit Groß und Vorsegel. Wir sind schnell, machen 170 Seemeilen in 24 Stunden. Zwei Boote haben ebenfalls von Cocos Keeling abgelegt. Zwei Tage lang sehen wir sie am Monitor, dann sind sie zu weit weg und das AIS-Signal verschwindet. Sie sind mit 19 und 16 Metern Länge größer und schneller als wir.
Tagsüber haben wir zusätzlich zum Groß zumeist den Code Zero ausgerollt, in der Nacht aus Sicherheitsgründen, damit einer von uns ruhig schlafen kann, eher das Vorsegel anstelle des Code Zero.
Bis zum 12. Oktober ist der Wind beständig aus Süd-Ost oder Ost-Süd-Ost zwischen 13 und 20 Knoten gekommen. Am 12. Oktober haben wir reinen Ost-Wind, segeln mit Groß und Vorsegel, die Segel in "Butterfly"-Stellung, was recht gut funktioniert. Mit Regen am Nachmittag dreht der Wind etwas auf Norden (Ost-Nord-Ost) und nimmt bis auf 9 Knoten scheinbaren Wind ab. Wir können mit Groß und Code Zero segeln, wenn auch langsam. Wir machen zwar nur um die 4 Knoten Bootsgeschwindigkeit, benötigen aber nach wie vor seit Cocos Keeling keine Motorunterstützung. Es ist ein sehr angenehmes Segeln mit nachfolgender Welle.
Während wir 10 Tage lang das Gefühl hatten, völlig alleine im südindischen Ozean unterwegs zu sein, sehen wir nun Cargo-Schiffe Richtung Norden fahren. Die stören uns nicht.
Unangenehm sind die vielen nun immer wieder auftauchenden chinesischen Fischerboote und die in ihrer Nähe befindlichen, langsam treibenden Bojen mit Netzen, denen wir ausweichen müssen.
Positiv ist, dass die chinesischen Fischerboote das AIS einschalten, sobald sie uns am Monitor sehen. Auch die Bojen sind mit AIS ausgerüstet.
In den Vorhersagen von Predict Wind sehen wir ein windstilles Hoch, das sich erst in den letzten Tagen zunehmend ausgedehnt hat.
Chris Parker hat uns schon vor ein paar Tagen empfohlen, Richtung Norden zu segeln, um die Flaute zu umsegeln, was wir auch machen. Wir hoffen, so möglichst lange nicht mit Motor fahren zu müssen.
Der Wind bleibt bis 20. Oktober von Osten kommend mit einer Stärke bis maximal 15 Knoten, sodass wir sowohl am Tag als auch in der Nacht den Code Zero ausgerollt haben. Am Nachmittag des 20. Oktober um 15 Uhr ist es dann soweit: wir sind in der unvermeidbaren Flaute. Nur mit dem Groß, das Erwin in der Mittelstellung in der Hoffnung fixiert, dass vielleicht doch noch Wind aufkommt, müssen wir zum ersten Mal während dieser Überfahrt motoren um nicht zu treiben.
Am 21. Oktober bei Sonnenaufgang bergen wir das Groß. Es ist praktisch überhaupt kein Wind und wir holen das Groß einfach herunter, wir sind inzwischen bei Mauritius angelangt. Wir motoren entlang der Nordwestküste von Mauritius Richtung Hafen von Port Louis.
21. Oktober - 4. November 2023:
Wir nehmen mit der Port Control Kontakt auf und um 7:30 Uhr ankern wir vor der Hafeneinfahrt von Port Louis und warten auf die Erlaubnis, zum Einklarieren in den Hafen fahren zu dürfen. Es herrscht reger Betrieb von Cargo-Schiffen. Wir sind das einzige Segelboot in Warteposition vor dem Hafen.
Im Hafen sehen wir zum ersten Mal bei Tageslicht die typischen chinesischen Fischerboote, denen wir so oft in den Nächten begegnet und vor allem ausgewichen sind.
Die Fischerboote sind uns nie ausgewichen. Vermutlich waren die Mannschaften an Bord zu sehr beschäftigt.
Nach drei Stunden Warten am Anker vor der Hafeneinfahrt dürfen wir endlich zum Zolldock, das im Stadtzentrum von Port Louis liegt.
Wir haben von Cocos Keeling bis Mauritius 2.546 Seemeilen (4.715 km) zurückgelegt. Es war eine überwiegend recht angenehme, nicht anstrengende Überfahrt, unabhängig davon sind wir nach 18 Tagen und Nächten auf hoher See müde.
Das Einklarieren zieht sich, dauert 5 Stunden. Zuerst kommen die Beamten von der Einwanderungs- und Gesundheitsbehörde auf das Boot. Es sind Unmengen an Formularen auszufüllen. Vom Zoll kommen dann 4 Beamte, die das Boot untersuchen, wie wir es bisher noch nicht erlebt haben. Alles wird geöffnet, überall wird hineingeschaut. Das war noch nicht alles. Abschließend muss Erwin noch zum Zollgebäude und zur Küstenwache gehen und weitere Formulare ausfüllen, unterschreiben und mit unserem Bootsstempel stempeln. Er kommt ziemlich fertig zurück.
Am Zolldock dürfen wir nicht bleiben. In der kleinen Marina im Hafenbecken, im Stadtzentrum von Port Louis, ist kein Platz frei. Dort liegen die Boote der World ARC 2023, die einen Tag vor uns von Cocos Keeling weggesegelt sind. Eine andere Möglichkeit, im Hafen zu bleiben, gibt es nicht. Das ist echtes Pech, denn normalerweise reichen die Plätze in der Marina im Stadtzentrum für die Gast-Segelboote aus. Wir sind sehr enttäuscht. Wir müssen wieder hinaus vor die Hafeneinfahrt fahren und wie die Cargo-Schiffe dort ankern. Durch den Schwell und den Wind ist das recht ungemütlich.
Ein Straßenzug neben der von Touristen frequentierten Waterfront mit großem Einkaufszentrum und Lokalen am Wasser, sieht man sich übergangslos und unvermittelt in die 3. Welt versetzt. Unmengen an mit Waren überfüllte Läden reihen sich aneinander. Hier kann man angeblich sehr preisgünstig einkaufen. Unsicheres Gefühl haben wir keines. Es gibt viel Polizeipräsenz in Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius mit um die 150.000 Einwohnern.
27. Oktober:
Seit ein paar Tagen ankern wir in der Grand Baie, etwa 15 Seemeilen nördlich von Port Louis an der Westküste von Mauritius. Die Bucht ist sehr beliebt, vor allem bei jungen Urlaubern. Die Stimmung ist ausgelassen, es wird täglich Party gemacht. Es gibt viele Hotels und Restaurants und ein umfangreiches Angebot an Wassersport- und Unterhaltungsmöglichkeiten.
Es liegen vor allem kleinere Motorboote in der Bucht. Das Ufer ist dicht bebaut, die meisten Strandabschnitte gehören zu Hotels.
15 Gehminuten vom Steg entfernt, an dem wir unser Dinghy lassen, gibt es eine Shopping Mall mit über 100 Geschäften, sehr modern und sehr chic, die sich auch an der Côte d’Azur oder sonst wo in Frankreich befinden könnte. Der französische Käse und die Patisserie haben es uns besonders angetan.
Für uns ist Mauritius nicht neu. Wir waren schon einmal hier. Anders als beim Flug damals haben wir jetzt beim Segeln ein ganz anderes Gefühl dafür bekommen, wie weit weg und isoliert die Insel im Indischen Ozean liegt. Das afrikanische Festland ist etwa 2.000 km entfernt.
Mauritius ist eine Urlaubsdestination für Flug & Hotel-Touristen. Segler kommen eher auf dem Weg nach Südafrika hier vorbei. Dementsprechend gibt es nur die relativ wenigen Marina-Plätze im Zentrum von Port Louis. Auf der Insel gibt es sonst keine Marina. Es gibt einen Hardstand, der ist aber hoffnungslos ausgebucht. Wir wollten das Steuerbordruder reparieren lassen, das bei der Grundberührung in Indonesien beschädigt wurde. Wir hoffen, dass das in Durban möglich sein wird. Geschäfte für Bootsbedarf haben wir ebenfalls keine gesehen.
Wir haben Chris Parker, unseren Wetter-Router beauftragt, ein Wetterfenster für die Überfahrt nach Südafrika zu suchen. Wir wollen Anfang November nach Durban segeln. Die Zyklon-Saison beginnt mit 1. November, ab da haben wir keinen Versicherungsschutz mehr für Schäden durch Stürme, denen Namen gegeben werden - nur gefährliche Stürme bekommen einen Namen.
3. November:
In der Früh bekommen wir von Chris Parker die Nachricht, dass die Bedingungen zum Ablegen am 4. oder 5. November günstig sind. Wir entscheiden uns für den 4. November.
Im eleganten Yachtclub, der nur etwa 200 Meter von unserem Ankerplatz entfernt ist, genießen wir auf der Terrasse ein ausgezeichnetes Mittagessen, machen unsere Dieseltanks voll und fahren nach Port Louis. Nur in Port Louis kann man ein- und ausklarieren, empfohlen wird zwischen 8 und 10 Uhr. Um um 8 Uhr dort zu sein, beschließen wir, noch heute nach Port Louis zu fahren und vor dem Hafen zu ankern.
Beim Ankern ist es bereits stockfinster, nur die vielen Großschiffe, die vor Anker liegen, sind hell erleuchtet. Wir haben vom Einklarieren noch den Track und den Ankerpunkt, im Finstern wäre es wegen einiger unbeleuchteter Bojen riskant.
4. November:
Um 8 Uhr früh bekommen wir über Funk die Erlaubnis, in den Hafen hineinzufahren und beim Zolldock anzulegen. Das Ausklarieren dauert nicht allzu lange. Unsere 'Crocodile' darf für ein paar Stunden am Dock bleiben. Wir nützen die Gelegenheit, noch einmal durch das Zentrum und die Waterfront zu schlendern und essen zu gehen, es ist Samstag Vormittag und es ist vie los. Mauritius ist multikulturell, man sieht viele Ethnien und Hautschattierungen von ganz weiß bis ganz schwarz.
Um 14 Uhr legen wir von Port Louis Richtung Durban ab. Wir werden für die rund 1.600 Seemeilen 12 bis 14 Tage brauchen.