13. Mai:
Schon außerhalb der Bucht, es ist 17 Uhr vorbei, übersehen wir eine Fischerboje, hören auf der Backbordseite ein fürchterliches Geräusch vom Unterwasserschiff und sehen anschließend eine mittelgroße und eine kleinere Boje mit einem Tau hinter dem Heck wegschwimmen. Wir sind nicht hängen geblieben, gottseidank.
Wir setzen das Groß mit dem 2. Reff und rollen das Vorsegel aus. Es ist stark bewölkt und regnet immer wieder, der Wind kommt aus Ost-Nord-Ost mit bis zu 26 Knoten, die Wellen kommen von der Seite und sind um die zwei Meter hoch. Die Bootsgeschwindigkeit ist zwischen 6,5 und maximal 8,4 Knoten, wir kommen gut voran.
Die Wetterprognosen stimmen wieder überhaupt nicht mit der Realität überein. Vorhergesagt wurde Ostwind und Windgeschwindigkeiten bis zu 15 Knoten. Steigt die Windgeschwindigkeit von 15 auf 21 Knoten, bedeutet dies eine Verdopplung der Kraft des Windes.
Ich will ein wenig schlafen, daran ist nicht zu denken. Unser Bett befindet sich im backbordseitigen Heck und ich höre, auf der Seite liegend, ein dumpfes Klopfen, denke an die Wellen, die gegen den Rumpf schlagen. Der Wind lässt nach, das Klopfen bleibt. Erwin vermutet, dass beim Überfahren der Fischerboje vielleicht doch irgendetwas am Propeller hängengeblieben ist und in der Strömung gegen den Rumpf schlägt. Wir starten kurz den Backbordmotor und zusätzlich zum Klopfen vibriert der Boden. Wir sind beunruhigt, können uns aber auf See in der Nacht keine Klarheit verschaffen, was wirklich los ist. Die uns unbekannte Küste von Dominica in völliger Dunkelheit anzusteuern, dort zu ankern und bis Tagesanbruch zu warten, erscheint uns als zu riskant.
14. Mai:
Gegen 1 Uhr früh dreht der Wind über Ost auf die für uns ungünstigere Richtung Ost-Süd-Ost und legt auf bis zu 33 Knoten zu. Wir passen den Kurs an und reduzieren das Vorsegel auf rund 60%. Erst als wir in die Windabdeckung etwa ab der Mitte von Dominica kommen, lässt der Wind bis maximal 23 Knoten deutlich nach und wir merken, dass das Klopfen vom backbordseitigen Rumpf kommend aufgehört hat. Was immer dort war, hat sich offensichtlich gelöst.
Der Wind dreht zurück auf Ost-Nord-Ost, dann wieder auf Ost-Süd-Ost, kurz darauf auf Nord-Ost, danach sogar auf West-Nord-West. Es ist mühsam, unter diesen ständig wechselnden Bedingungen Kurs auf Saint-Pierre zu halten. Fahrtenkatamarane segeln noch akzeptabel bei rund 50° Windwinkel, darunter wird es schwierig, viel Abdrift und geringe Geschwindigkeit. Bei der Annäherung von Saint-Pierre sind wir bereits 11 Seemeilen von der Küste entfernt. Glücklicherweise dreht der Wind wieder und wir können unter Segel direkten Kurs auf unser Ziel nehmen.
14. Mai:
Zu Mittag legen wir nach einer sehr anstrengenden Nacht und 87 Seemeilen an einer Mooring-Boje vor Saint-Pierre an. Die ständigen Wechsel in Windrichtung und Stärke haben uns die ganze Nacht nicht zur Ruhe kommen lassen. Wir holen das Frühstück nach und legen uns hin. Kaum sind wir eingeschlafen, weckt uns ein heftiges Klopfen an den Rumpf. Die Gebühr für die Mooring-Boje wird kassiert, jetzt gleich.
16. Mai:
Nachdem wir in der Boulangerie und am Frischmarkt Obst kaufen waren, legen wir am späten Vormittag von der Mooring-Boje ab. Wir wollen weiter Richtung Süden bis Grand Anse d'Arlet segeln. Die Wettervorhersagen sind recht günstig, auch wenn wir derzeit nicht viel darauf geben. So unzuverlässig waren sie bisher eigentlich noch nie.
Der prognostizierte Wind aus Ost-Nord-Ost mit 10-15 Knoten wäre ideal für den Code Zero. Wir haben den vorhergesagten Wind mit 9 Knoten, warten aber etwas ab und rollen vorerst nur das Vorsegel aus. Das war gut so. Eine halbe Stunde später dreht der Wind komplett, wechselt mehrmals die Richtung und legt auf bis zu 28 Knoten zu. Die Welle kommt von vorne-seitlich, die See ist rau geworden. Also wieder einmal kein angenehmes und entspanntes Karibiksegeln. Bis Grand Anse d'Arlet sind es nur 16 Seemeilen und wir segeln mit dem Vorsegel und Motorunterstützung weiter. Der Wind nimmt erst in der Abdeckung der hohen Berge in Küstennähe auf unter 20 Knoten ab.
16. Mai:
Um 14:30 Uhr fahren wir in die gut geschützte und gut besuchte Bucht hinein. Wir haben Grand Anse d'Arlet in sehr guter Erinnerung, das Ankern in der Bucht weniger. Wir verzichten auf das Einfahren des Ankers, lassen bei 7,1 Meter Wassertiefe die Kette 50 Meter hinunter und setzen den Alarm bei einem Ankerkreis von 75 Meter Radius.
18. Mai:
Um 11 Uhr vormittags holen wir den Anker auf. Wir wollen zur Bucht Cul-de-Sac de Marin segeln, unserem letzten Stopp auf Martinique, bevor es wieder nach Trinidad zurückgeht, wo wir Ende Mai sein sollten. Wir setzen das Groß mit dem 2. Reff und das Vorsegel. Es ist stark bewölkt, der Wind kommt aus Ost und Ost-Süd-Ost mit 10-12 Knoten.
Um 11:50 Uhr nehmen Wellen und Wind plötzlich stark zu und Regen setzt ein. Das Boot wird hin und her geworfen, der Wind ist auf 45 Knoten, die Gischt fliegt über uns drüber. Wir sind in einem lokalen Gewitter. Wir reduzieren das Vorsegel. Der Kollisionsalarm warnt uns vor einem Segelboot von Steuerbord in unsere Richtung kommend. Wir können es nicht ausmachen, die Sicht ist zu schlecht, erst bei einer Entfernung von 100 m sehen wir es.
Um 12:10 Uhr geht der Wind auf 35-37 Knoten zurück, was wir als sehr angenehm empfinden, auch der Regen hört auf. Um 13:50 Uhr, der Wind hat auf 22 Knoten nachgelassen, machen wir das Wendemanöver und nehmen, hart am Wind, wieder Kurs auf die Cul-de-Sac de Marin Bucht. Der Windwinkel nimmt immer weiter ab und wir können den Kurs trotz Motorunterstützung nicht halten. Wir bergen die Segel und fahren mit beiden Motoren auf direktem Kurs zur Bucht und lassen nach 30 Seemeilen um 17:30 Uhr vor Saint-Anne den Anker fallen.
18. - Mai:
20. Mai:
Der Cockpit-Kühlschrank hat plötzlich den Geist aufgegeben. Nach 9 Jahren ist er nun irreparabel kaputt, so richtig funktioniert hat er schon längere Zeit nicht mehr. Wir fahren mit dem Bus zur Marina du Marin, die am Ende der Cul-de-Sac de Marin Bucht liegt. Dort gibt es einige gut sortierte Chandleries und wir hoffen, dass wir einen passenden finden. Wir werden fündig, er wird morgen mit einem Boot zu uns am Ankerplatz bei Saint-Anne geliefert und montiert, sehr angenehm.
21. Mai:
In der Früh wird der Kühlschrank geliefert und eingebaut. Es ist ein anderes Modell, etwas größer und der Ausschnitt muss angepasst werden. Es tut gut, wenn einmal etwas nicht mühsam ist.
Anschließend machen wir eine längere Wanderung durch den Wald entlang der Küste Richtung Süden. Wir kommen an hunderten Krabbenhöhlen vorbei, an denen wir ziemliche Aktivitäten beobachten.
Das Wetter ist schlecht. Es ist fast ständig bewölkt, die Solarpaneele liefern wenig Strom, es regnet immer wieder heftig, es ist sehr windig. Wir lassen keine schlechte Laune aufkommen. Wenn es regnet chillen wir am Boot, wir haben Internet, ausreichend zum Lesen und Sudokus, es ist warm, die kulinarische Versorgung ist ausgezeichnet, es gibt Schlimmeres. Wir hoffen, dass das Wetter besser wird, denn in zwei bis drei Tagen sollten wir die etwa 250 Seemeilen nach Trinidad in Angriff nehmen.
Die Wetterprognosen für die Fahrt nach Trinidad für den 27. Mai sind ganz gut. An den Tagen davor und danach sind Gewitter mit Blitzen und Böen um Martinique herum vorhergesagt. Wir werden uns mehrmals täglich die Prognosen anschauen und uns dann kurzfristig entscheiden.