Überfahrt von Neukaledonien nach Australien

 

23. - 30. November 2022:

Mit einsetzender Ebbe fahren wir um 5:15 Uhr früh aus der Marina hinaus. Ich stehe vorne am Bug und sehe eine Schildkröte, die ihren Kopf aus dem Wasser herausstreckt. Sie taucht knapp neben unserem Boot wieder unter. Drei Stunden später, kurz nach 8 Uhr, verlassen wir die riesige Lagune, die die Hauptinsel Grand Terre umgibt durch den Pass De Duma. Goodbye Neukaledonien! 

Chris Parker, unser Wetter-Router, empfiehlt uns, auf der direkten Linie nach Coffs Harbour zu segeln. Die ersten Tage variiert der Wind zwischen sehr schwach und mäßig, kommt aber aus der für uns günstigen Richtung. Wir können zweitweise den Code Zero setzen, zeitweise müssen wir einen Motor zur Unterstützung nehmen. 

Das Wetter in der Tasman See ist schwer vorherzusagen, weil es sich innerhalb kurzer Zeit ändern kann. Wettervorhersagen für mehrere Tage sind schwierig, Tiefs ändern ihre Richtung und ihre Zuggeschwindigkeit. 

 

26. November:

Für die nächsten Tage wird schweres Wetter auf unserem geplanten Kurs in Küstennähe von Coffs Harbour vorhergesagt und uns wird empfohlen, als Ausweichhafen Southport, das etwas nördlicher liegt, zu überlegen.   

Glücklicherweise entwickelt sich das Wetter weniger dramatisch als prognostiziert. Die letzten zwei Tage der Überfahrt sind aber eine Herausforderung. Die Windstärke geht zwar nicht über 32 Knoten, aber die sehr unregelmäßige und schwere See ist belastend. Wir segeln mit 6-7 Knoten und unser Boot setzt hart in die von schrägvorne kommenden Wellen ein. Oft bekommen wir eine komplette Bootsdusche durch die aufgeworfene Gischt. Wir können uns nur mit größter Vorsicht und ständig nach einem Halt greifend am Boot bewegen. Durch das harte Einsetzen in die Wellen fallen alle drei Deckenpaneele über unserem Bett herunter. Wir sind beide im Salon, an Schlaf ist sowieso nicht zu denken. Die Geräuschkulisse ist beängstigend, aber unser Boot muss das aushalten.  

Etwa 100 Seemeilen vor Coffs Harbour werden wir immer schneller und unsere ETA verschiebt sich von 10 Uhr vormittags auf 2 Uhr früh. Da wir nicht bei völliger Dunkelheit in eine uns unbekannte Bucht einlaufen wollen, schlagen wir vor Coffs Harbour noch einen Haken und 'warten' bis es hell wird.  

 

Australien

 

30. November 2022 - 17. Juli 2023

 

Coffs Harbour

 

30. November - 22. Dezember 2022:

Nach 904 Seemeilen und 6 Tagen und Nächten auf hoher See laufen wir am 30. November um 7 Uhr früh in die bis auf ein Boot völlig leere, recht rollige Bucht vor der Marina ein und ankern. Beim Einfahren des Ankers fällt ein Tau ins Wasser und wickelt sich um die Backbordschraube. Erwin darf nach dem Frühstück einen erfrischenden Tauchgang machen, kann das Tau wieder von der Schraube herunterwickeln. Es ist nichts passiert, all good. Wir sind so müde wie seit langem nicht.   

Am frühen Nachmittag werden wir über Funk verständigt, dass wir zum Einklarieren in die Coffs Harbour International Marina fahren können. Die Beamten sind freundlich, die Administration wird zügig abgewickelt. Eine Packung Emmentaler und eine Packung Parmesan aus Noumea, obwohl originalverpackt, dürfen wir nicht einführen und kommt in den gelben Bioabfallsack.  

 

Wir haben noch Kraft zum Beine vertreten im an den Hafen angrenzenden Stadtteil von Coffs Harbour und für Pizza und Bier.   

Die eher kleine Marina wird durch mächtige Wellenbrecherwälle vor der Brandung des Pazifiks geschützt. Wir sind froh, hier einklariert und einen Platz bekommen zu haben. Wir fühlen uns in der schon etwas in die Jahre gekommenen, aber charmanten Marina, in der wir wahrscheinlich die einzigen Nichtaustralier sind, sofort wohl. Die Marina ist über einen Wellenbrecherwall mit dem Naturschutzgebiet Muttonbird Island verbunden. 

 

Muttonbird Island ist ein großer grüner Hügel mit einem attraktiv angelegten Weg. Von oben hat man einen herrlichen Rundumblick. Zum Schutz der Muttonbirds darf der Weg nicht verlassen werden. Die Vögel nisten in Erdlöchern, die vor Wind und Wetter Schutz bieten, die Insel ist voll davon. Tausende Muttonbirds, die tagsüber auf Futtersuche sind, kommen am Abend zu ihren Nestern zurück, wo die hungrigen brütenden Partner oder Küken auf sie warten. 

Von oben sieht man die relativ schmale Einfahrt in den Hafen, wo wir am ersten Tag für mehrere Stunden geankert haben. Wegen der geringen Tiefe von 5 - 7 Metern haben sich in den letzten Tagen ziemliche Brecher aufgebaut. Wir sind einen Tag vor dem durchziehenden Tief gekommen.     

Neben der Marina sind wunderschöne, lange Badestrände mit imposanten Brandungswellen und vielen Surfern. Der Sand ist ganz fein, die Strände sauber. Der mächtige, ungefähr 500 Meter lange Jetty hat nur mehr historische Bedeutung, ihn gibt es seit 1892. Das Wasser in der Bucht ist für den heutigen Bedarf der Schifffahrt zu seicht. 

Seit wir hier sind, beobachten wir einen jungen Pelikan, der sich ausschließlich in der Marina aufhält, er schwimmt nicht einmal in die davor liegende Bucht hinaus. Er ist ganz alleine, ohne Artgenossen. Futter findet er genug, es gibt ausreichend Fische im Wasser. An Nachmittagen sehen wir ihn oft mit den Kormoranen gemeinsam auf einem aufgelassenen Steg ein Sonnenbad nehmen.  

Wir genießen die attraktive Umgebung der Marina mit den schönen Stränden und dem direkt angrenzenden Naturschutzgebiet. Wenn nicht gerade ein Tief durchzieht, scheint die Sonne und die Temperaturen sind sommerlich.

Als das erste Mal ein Ibis über unseren Köpfen hinweggeflogen ist, sind wir ganz schön erschrocken. Die Ibisse sind ziemlich groß, haben keine Federn auf ihrem kleinen Kopf und haben einen langen, gebogenen Schnabel. Es sind hässliche Vögel. In der Marina halten sie sich bevorzugt bei den Müllcontainern auf. 

7. Dezember 2022: 

Leider gibt es immer wieder etwas zu reparieren oder zu erneuern. Dieses Mal ist es das elektrische WC, das ersetzt werden muss. Offensichtlich hat es durch die zwei Jahre pandemiebedingte Stehzeit doch Schaden genommen. Gestern ist das neue geliefert worden, der Einbau ist für Erwin alles andere als einfach.  

Das Vorsegel, das am vorletzten Tag des Crossings gerissen ist, ist zur Reparatur beim Segelmacher und sollte in zwei Tagen fertig sein.  

Wir hoffen, dass wir am 10. oder 11. Dezember, gute Wetterbedingungen vorausgesetzt, weiter Richtung Süden segeln können. Von Coffs Harbour bis Sydney sind es rund 500 km. Wir wollen, wenn möglich, nur tagsüber segeln und Erwin ist dabei, geeignete Ankerplätze auf unserem Weg dorthin zu suchen. Den Start des traditionellen, jährlichen Sydney to Hobart Yacht Race am 26. Dezember und Silvester 22/23 wollen wir jedenfalls im Hafen von Sydney miterleben.

 

18. Dezember:

Zum ersten Mal haben wir nicht auf unseren Hochzeitstag vergessen und feiern ihn am Abend im Latitude 30, einem exzellenten Restaurant bei der Marina. 

 

19. Dezember:

Seit wir hier sind hat ein konstanter Südwind ein Weitersegeln nach Süden verhindert. Heute pfeift er mit Spitzen bis zu 40 Knoten (ca. 75 km/h) durch die Marina. In der Bucht haben sich ziemliche Wellen aufgebaut. Laut Wettervorhersagen soll sich der Wind am 22. Dezember in der Früh abschwächen und auf Nord drehen. Allerdings nur für zwei Tage. Das würde genügen, um Sydney  ohne Zwischenstopp zu erreichen. 

 

22. Dezember: 

Die Wettervorhersagen sind unverändert günstig und um 6:30 Uhr früh legen wir Richtung Sydney ab. Wir haben uns bereits gestern in die Bucht außerhalb der Marina verlegt, um rechtzeitig starten zu können. Es ist, wie vorhergesagt, nahezu windstill. Noch am Anker setzen wir das Groß. Nach drei Stunden unter Motor setzt Nordwind ein und wir können den Code Zero und das Vorsegel zusätzlich zum Groß setzen.  

Viele Boote in Coffs Harbour haben wie wir lange auf das Wetterfenster gewartet, um Richtung  Sydney aufzubrechen. Das Feuerwerk zum Jahreswechsel ist für viele ein Highlight.

 

Entlang der Ostküste ist reger Schiffsverkehr. Nicht nur Segelyachten Richtung Süden, auch viele Cargoschiffe sind in beiden Richtungen unterwegs. 

Mit wenig Welle und günstigem Wind haben wir einen angenehmen Segeltag und kommen mit durchschnittlich 7 Knoten Geschwindigkeit sehr gut voran. 

 

23. Dezember:

Wir sind überrascht, dass wir Internetempfang haben, obwohl wir 15 - 20 Seemeilen vom Festland entfernt die Küste entlangsegeln.  

Wir sind jetzt rund 90 Seemeilen vor unserem Ziel. Auch heute wieder angenehme Verhältnisse in der Tasman See. Derzeit kaum Welle, aber auch kaum Wind. Wir motoren unter Segel mit rund 4,5 Knoten bei Sonnenschein ruhig dahin. Im Laufe des Tages soll der Wind zunehmen, hoffentlich.

 

24. Dezember:

Um 7 Uhr früh sind wir vor dem Hafen von Sydney, dem Jackson Harbour, es ist der größte natürliche Hafen weltweit. Von Coffs Harbour hierher haben wir 50 Stunden gebraucht und 267 Seemeilen zurückgelegt.  

Wir haben für einige Tage einen Platz in der Darling Harbour Marina bekommen, die in der Cockle Bay liegt. Alle anderen Marinas sind voll. Die Cockle Bay befindet sich zwischen der Halbinsel Pyrmont und dem Zentrum von Sydney. Um in die Bucht zu kommen, müssen wir durch die 120 Jahre alte Pyrmont Bridge, die die beiden Stadtteile verbindet. Die historische Brücke ist für Segelboote zu niedrig. Sie wird  zu bestimmten Tageszeiten geöffnet. Heute können wir um 11 Uhr durch. Wir bergen die Segel und 'warten' etwa zwei Stunden vor der Hafeneinfahrt. Zu dieser Jahreszeit ist sehr viel Schiffsverkehr im Hafen, wir wollen drinnen nicht lange herumfahren. 

 

Sydney

 

24. Dezember 2022 - 12. Jänner 2023:

Um 9 Uhr, gestärkt durch ein ausgiebiges Frühstück, fahren wir in den Hafen hinein. Bereits bei der Hafeneinfahrt sieht man die Wolkenkratzer des Zentrums von Sydney und bald darauf sind das Opernhaus mit seiner markanten Architektur und die Harbour Bridge zu sehen. Diese Sehenswürdigkeiten kennt man. Wir fahren langsam daran vorbei und genießen diese Augenblicke.  

Die Fahrt durch den Hafen von Sydney bis zur Pyrmont Bridge dauert zwei Stunden. Um 11 Uhr schwenkt ein Teil der historischen Pyrmont Brücke zur Seite und wir fahren in die Cockle Bay zur Darling Harbour Marina hinein. 

 

Darling Harbour

 

Die Darling Harbour Marina liegt parallel zur Uferpromenade, einer weitläufigen Fußgängerzone mit vielen Restaurants, Bars, Cafe's und Shops. Sie sind alle sehr modern und chic. Darling Harbour ist die gehobene Ausgehmeile von Sydney und es sind sehr viele, vor allem junge Leute unterwegs. Die Marina ist der optimale Ausgangspunkt, die Stadt kennenzulernen. Uns gefällt das lässige urbane Ambiente. 

Wir haben Lust, im Darling Harbour in einem der sehr einladenden Restaurants auf der Promenade im Schatten zu sitzen, zu essen und die Stimmung um uns herum zu genießen. Danach schlendern wir die Promenade entlang Richtung Oper. Wir legen einige Kilometer zurück, es ist ziemlich heiß. Zurück nehmen wir vom Circular Quay die Fähre zum Darling Harbour.          

Am Heiligen Abend werden wir von einem tollen Feuerwerk in der Cockle Bay überrascht. Die Bucht ist recht klein, sodass das Feuerwerk sehr nah ist. So genießen wir es von unserer 'Crocodile' aus quasi erste Reihe fußfrei. Weihnachten wird hier anders gefeiert, alle Lokale sind geöffnet und es herrscht viel Betrieb. Dass Weihnachten ist, merken wir vor allem daran, dass wir oft und freundlich mit "Merry Christmas" gegrüßt werden.

Den 25. Dezember verbringen wir beim Opernhaus und im botanischen Garten. Das Opernhaus ist leider über die Feiertage bis Anfang Jänner geschlossen, sodass wir weder eine Aufführung besuchen, noch eine Führung im Inneren machen können. Es wurde nach den Plänen des dänischen Architekten Jorn Utzon erbaut und zählt zu den bekanntesten Bauten des 20. Jahrhunderts. Ein Papagei hat sich offensichtlich vom nahegelegenen botanischen Garten zum Opernhaus verirrt.  

Manly

 

26. Dezember 2022:

Den Start des traditionellen Sydney to Hobart Yacht Race, an dem heuer 109 Yachten teilnehmen, verfolgen wir auf dem Hügel von Manly, nahe der Hafeneinfahrt. Von oben überblicken wir die Strecke vom Start bis zur Ausfahrt in den offenen Pazifik. Hunderte Zuschauer haben es sich auf der Wiese auf dem Lookout bequem gemacht. Es gibt Stände für Getränke und Fastfood, es herrscht Picknickatmosphäre.   

Mit dem Startschuss um 13 Uhr aus einer historischen Kanone wird das Rennen eröffnet. Die großen Rennyachten zuerst, alle mit schwarzen Karbonsegel. Der Wind ist optimal, die Yachten sind vom Start weg sehr schnell. Dahinter starten die kleineren Yachten. Zuschauermotorboote begleiten die Yachten und ziehen eine Schaumkielwelle hinter sich her. Es ist ein Spektakel, insbesondere wenn man eine bestimmte Yacht favorisiert. Nach etwa einer Stunde haben die Rennyachten den Hafen verlassen und segeln Richtung Süden nach Tasmanien. Laut Wetterprognose soll der günstige Nordwind zumindest für zwei Tage anhalten.

Bevor wir mit der Fähre von Manly nach Darling Harbour zurückfahren, vergönnen wir uns einen  verspäteten Lunch in einem ausgezeichneten chinesischem Strandrestaurant. Der beliebte Strand und die Strandlokale sind überfüllt mit Badegästen, der Lärmpegel hoch. Die Bucht ist voll mit Motor- und Segelbooten. Hier jetzt einen Ankerlatz zu finden, wäre nicht einfach.

 

Rose Bay

 

Am 27. Dezember verlassen wir die Darling Harbour Marina und fahren zur Rose Bay, auch diese Bucht ist ziemlich voll. Sie ist bei Tagesgästen, die auf Motorbooten Party machen, sehr populär. Zusätzlich herrscht tagsüber reger Flugbetrieb der Wasserflugzeuge. Uns stört der Trubel nicht, er vermittelt Urlaubsstimmung. Am Abend wird es ohnehin wieder ruhig.

 

Die Bucht liegt etwa auf halbem Weg zwischen Hafeneinfahrt und der Harbour Bridge. Ein großer und mehrere kleine, von Felsen eingesäumte Sandstrände, schattige, kilometerlange Wanderwege in einem Naturpark entlang des Ostufers, viele Geschäfte und Restaurants, sowie eine Anlegestelle der Fähre  machen die Bucht zum Ankern attraktiv.  

Von unserem Ankerplatz aus haben wir einen optimalen Blick auf die Harbour Bridge. Wir können nur hoffen, dass nicht ein großes Motorboot auf die Idee kommt, uns den Blick auf die  Brücke zu verstellen.  

 

31. Dezember 2022:

Den Jahreswechsel feiern wir bei Jana und Jan auf ihrer Fountaine Pajot 50, sie ankern neben uns. Mit dabei ist Laurie, eine kanadische Segelfreundin der beiden. Von der Flybridge aus haben wir den optimalen Blick auf die Harbour Bridge. Wir sind hoch genug, sodass uns niemand die Sicht verstellen kann. Während das Feuerwerk um Mitternacht seinen Höhepunkt erreicht, stoßen wir mit Moet auf das neue Jahr an. Ein besonderes Erlebnis, wir sind sehr glücklich, hier zu sein. 

1. Jänner 2023:

Am Abend hören wir das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker per Lifestream aus dem goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Wir können zwar die österreichischen Fernsehsender am Boot empfangen, das Neujahrskonzert ist aber aus rechtlichen Gründen blockiert, obwohl wir die Rundfunk- und Fernsehgebühren in unserer Abwesenheit weiter brav bezahlen 😊.

 

4. Jänner 2023:

Wir bleiben in der Rose Bay, verlegen uns aber tiefer in die Bucht hinein. Es wird Wind aus Süden mit bis zu 40 Knoten vorhergesagt.  Kaum liegen wir auf dem neuen Ankerplatz, kommt ein Katamaran und ankert neben uns. Es ist Scott mit seiner Muskoka, das ist eine Überraschung! Ihn treffen wir seit Jahren zufällig immer wieder. Die Seglerwelt ist auch klein. Wir erfahren, dass er und 4 weitere Boote ebenfalls nach Tasmanien segeln werden. Scott hat auf Messenger die Nutzergruppe 'tasmanian tribe' eingerichtet, wir nehmen gerne teil. Es ist ein angenehmes Gefühl, dass man sich unterwegs austauschen kann, Tasmanien ist ein anspruchsvolles Segelgebiet. Bei einem Sundowner lernen wir die kanadischen und amerikanischen Crews der anderen Boote kennen.   

Die folgenden zwei Tage haben wir Südwind mit 30 Knoten und mehr, dazu schüttet es wie aus Schaffel. Wir bleiben am Boot.    

Das Tief zieht nur langsam durch. Der Wind bleibt auf Süd, der Intensivregen wird von täglich vereinzelten Regenschauern abgelöst. Das ist eine gute Gelegenheit für Museumsbesuche. Wir besuchen das Museum of Contemporary Art, wo eine hochinteressante Sonderausstellung des südkoreanischen Bildhauers und Installationskünstlers Do Ho Suh gezeigt wird und das Australian National Maritime Museum, wo wir unter anderem auf die originalgetreu nachgebaute Endeavour von James Cook hinaufgehen können. 

 

9. Jänner 2023:

Für heute haben wir eine Tagestour zu den Blue Mountains gebucht. Der Kleinbus fährt um 7:00 vom Four Seasons Hotel, das 10 Gehminuten vom Circular Quay entfernt ist, ab. Mit der ersten Fähre um 6:25 können wir von der Rose Bay zum Circular Quay fahren. Wir frühstücken früh und um 5:45 lässt Erwin das Dinghy vom Boot ins Wasser und versucht, den Außenborder zu starten, er springt nicht an. Der Außenborder war in Neuseeland beim Generalservice und ist bis jetzt immer problemlos angesprungen. Nach ungefähr 30 Versuchen bleibt nichts anderes übrig, wir - bzw. Erwin - muss rudern, die Zeit wird langsam knapp und die Fähre wartet nicht. Zum Glück ist das Wasser ziemlich glatt, es geht kaum Wind und von unserem neuen Ankerplatz ist es nicht allzu weit zum Ufer. Es geht sich aus. 

 

Blue Mountains Nationalpark

 

Die Blue Mountains sind ein riesiger Nationalpark, der zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Australiens zählt. Blue Mountains heißen sie deshalb, weil die Eukalyptusbäume Tröpfchen absondern, die dann verdunsten und mit Staubteilchen in der Luft einen leicht bläulichen Dunst erzeugen. In durch Felsformationen geschützten und schwer zugänglichen Bereichen besteht noch Jahrhunderte alter ursprünglicher Regenwald. 

 

Three Sisters

 

Um die markanten drei Felstürme, die drei Schwestern, rankt sich eine Legende. Drei schöne Schwestern wurden von ihrem Vater in Stein verwandelt, um sie einem Krieger eines verfeindeten Stammes zu entziehen, der sie heiraten wollte. Diesem Krieger widerfuhr das gleiche Schicksal, er steht auf der anderen Seite des Tals. Der Vater verlor allerdings in der Auseinandersetzung mit dem Krieger seinen Zauberstab und konnte seine Töchter nicht mehr zurück verwandeln.  

Wir sehen hier viele schneeweiße Kakadus, eine Papageienart, die im Papua-Australischen Raum weit verbreitet ist. Sie können sehr laut sein, ihr unverkennbares Gekreische ist weit hörbar. Von Seglern wissen wir, dass man sie füttern könnte. Leider haben wir vergessen, Nüsse für sie mitzunehmen. 

Endlich sehen wir einige Koalas in Natura, wenn auch nur in einem Wildlife Sanctuary. Ihr Fell ist ganz weich und kuschelig, ihr Temperament sehr schaumgebremst. Sie schlafen um die 20 Stunden pro Tag, den Rest verbringen sie mit dem Fressen von Eukalyptusblättern.

11. Jänner 2023:

Wir haben uns in der Rose Bay verproviantiert, sind unseren Müll losgeworden, haben vollgetankt und uns in eine kleine Bucht nahe der Ausfahrt aus dem Sydney Harbour verlegt.

 

Die kleine Bucht (Spring Cove) ist idyllisch, gut geschützt und ruhig. Es tut uns fast leid, dass wir morgen in der Früh von hier wegsegeln.

 

Die günstigen Winde für die Fahrt nach Süden beginnen morgen und werden nur für zwei bis drei Tage andauern. Wir wollen sie nützen.

12. Jänner 2023:

Um 9:30 Uhr legen wir Richtung Eden ab. Dieser Ankerplatz liegt ziemlich am südlichen Ende der australischen Ostküste, etwas mehr als 200 Seemeilen von Sydney entfernt.  

Gegen Mittag kommen wir in den Südstrom, der mit 2-3 Knoten angezeigt wird. Wir segeln mit Groß, Vorsegel und Code Zero und machen bei nur 11-14 Knoten Wind 7,5 - 8 Knoten Geschwindigkeit, einmal hatten wir 9,5 Knoten. In der Nacht wird der Wind zunehmend schwächer und der Südstrom, wenn überhaupt noch vorhanden, ist für uns nur noch schwach wirksam, wir müssen einen Motor zur Unterstützung dazunehmen.    

Am nächsten Tag bleibt der Wind, leider wieder einmal entgegen allen Vorhersagen, schwach und wir müssen motorsegeln. Es könnte schlimmer sein. Der Wind kommt zumindest aus der richtigen Richtung, die Tasman See ist ruhig und es scheint die Sonne. Für einige Minuten begleitet uns eine kleine Gruppe von Delphinen, die verspielt vor unserem Boot immer wieder auf- und abtauchen.  

Erst um Mitternacht, es ist stockfinster, der Mond ist durch eine dichte Wolkendecke verdeckt, erreichen wir nach 219 Seemeilen und 37 Stunden Eden. Wir lassen etwa in der Mitte der sehr großen, gut geschützten Bucht, die Sicht ist praktisch Null, den Anker fallen.

 

Eden - Snug Cove

 

14. Jänner 2023:

Nach einer ruhigen Nacht verlegen wir uns näher zum Ufer in den mehr geschützten Snug Cove. Es war richtig, das in der Nacht nicht zu riskieren. Die hier ankernden Segelboote, ungefähr 15, hatten teilweise kein Ankerlicht, zudem gibt es schwarze Bojen für die Fischerei und einige Felsen, die wir ebenfalls nicht sehen konnten.  

 

15. Jänner 2023:

Wir gehen zum Ort Eden hinauf, der erhöht über der Bucht liegt. Es gibt überraschend viele Geschäfte und Cafe's. Wir kaufen (wieder etwas zu viel) ein und essen hervorragende Fish & Chips. Zum Sundowner laden wir Patrick, einen Franzosen und seine Freundin Anuhei, eine Tahitianerin, die wir in Coffs Harbour kennengelernt hatten, ein. Sie ankern neben uns. Sie segeln mit einer klassischen S&S 34 . Es ist ein interessanter und vor allem amüsanter Abend.

 

Überfahrt vom Festlandaustralien nach Tasmanien

 

16. - 18. Jänner 2023:

Um 7:00 früh verlassen wir den Ankerplatz in Snug Cove und nehmen Kurs Richtung Süden auf Tasmanien. Wir planen, bis zur Wineglass Bay an der Ostküste Tasmaniens, ungefähr 320 Seemeilen, zu segeln. 

Am 16. Jänner regnet es fast durchgehend. Die Tasman See macht ihrem Namen alle Ehre und ist sehr rau. Die Wellen scheinen aus allen Richtungen zu kommen und schütteln uns kräftig durch. Wir haben die ganze Zeit über 20 Knoten Wind, in den Böen um die 30 Knoten. Wir segeln mit Groß und Code Zero, machen in den ersten 24 Stunden 160 Seemeilen. 

 

17. Jänner:

Der Himmel ist wolkenlos, bleibt den ganzen Tag so. Der Wind ist etwas schwächer, die Richtung wechselt von ENE zu NNE.   

Am 18. Jänner dreht der Wind nach N und dann nach NNW, die See ist deutlich ruhiger. Bis zur Wineglass Bay sind es um 9 Uhr früh noch 20 Seemeilen. Alle Vorhersagen von heute früh kündigen starken Südwind um die 30 Knoten an, das heißt für uns Wind auf die Nase. Wir lassen beide Motoren zur Unterstützung laufen und hoffen, dass wir die geschützte Bucht erreichen, bevor der Wind von Nord auf Süd dreht.   

Leider dreht der Wind schon zwei Stunden später auf SSE und wir haben die letzten zweieinhalb Stunden den vorhergesagten starken Wind von vorne. 

 

Tasmanien

 

Wineglass Bay

 

18. - 21. Jänner 2023:

Kurz nach 13 Uhr lassen wir nach 326 Seemeilen, zwei Nächten und zweieinhalb Tagen in der wunderschönen Wineglass Bay den Anker fallen. Die Bucht ist umgeben von imposanten Granitformationen. Wir sind in Tasmanien! 

 

Der in einem sanften Bogen verlaufende Strand ist mehrere Kilometer lang, der Sand ist ganz fein, das Wasser kristallklar und türkisfarben. 

Freycinet Nationalpark

 

Vom Strand führt ein Track durch den naturbelassenen Buschwald über unzählige Steinstufen hinauf zu einem Lookout. Es ist windstill und wolkenlos, wir kommen ganz schön ins Schwitzen. Die Granitblöcke entlang des Weges sind unglaublich mächtig und faszinierend. Für einen Wochentag sind erstaunlich viele Leute unterwegs. 

Vom Lookout haben wir einen wunderbaren Blick auf die Wineglass Bay. Der Ausblick ist überwältigend, rundherum, wohin man schaut, riesige, rötliche Granitfelsen. 

Vom Lookout gehen wir hinunter zur Coles Bay, die auf der gegenüberliegenden Seite der Wineglass Bay liegt. Unsere Hoffnung, dass es bei diesem Ausgang des Nationalparks (mit Parkplatz) ein Restaurant oder ähnliches gibt, erfüllt sich leider nicht. Hungrig und durstig machen wir uns auf den Rückweg, gehen wieder die Stufen hinauf zum Scheitel und dann hinunter zum Strand der Wineglass Bay. Wir legen 8,6 km zurück, immer nur hinauf und hinunter, sind fast 5 Stunden unterwegs, laut iPhone 56 Stockwerke. 

Auf dem Weg zum Dinghy zurück bemerken wir einen kleinen Tintenfisch, den eine Brandungswelle auf den Strand gespült hat, er lebt. Zum Glück hat ihn noch keine Möwe gesichtet. Erwin nimmt ihn auf die Hand und trägt ihn ins Wasser zurück. Der Tintenfisch umklammert Erwins Hand und lässt sie erst los, als er wieder das Wasser um sich herum spürt, dann schwimmt er weg. Rettung gelungen, wir freuen uns. 

21. Jänner 2023:

Kurz nach 7 Uhr früh verlassen wir die Wineglass Bay und segeln weiter Richtung Süden zur Prosser Bay. Wieder kommen wir an beeindruckenden Granitfelsen vorbei. Die Rotfärbung ist offensichtlich durch Eiseneinlagerungen entstanden.

 

Leider ist es kein Fisch, was da an der Angel hängt!

 

Das Seegras verfängt sich gerne in den Propellern. Das Problem hatten wir schon zweimal in Australien.

 

 

 

 

 

 

 

Der Wind ist, wie vorhergesagt, schwach. Mit Code Zero und Vorsegel in Butterfly-Stellung und etwas Motorunterstützung segeln wir angenehm dahin, es sind nur 38 Seemeilen. Mehrere Male begleiten uns Delphine. So viele Delphine hatten wir an einem Tag bisher noch nie gesehen. 

Prosser Bay - Orford

 

21. - 22. Jänner 2023:

Um 16 Uhr lassen wir in der Prosser Bay, einer sehr großen Bucht mit vielen privaten Bojen, den Anker fallen. 

 

22. Jänner:

Wir wollen im Ort Orford einkaufen gehen. Wieder springt der Außenborder des Dinghys nicht an und Erwin muss rudern. Das Wasser ist zwar ruhig, aber bis zum Ufer ist es relativ weit. Wir machen das Dinghy bei einem Steg fest. Das Wasser ist noch ausreichend hoch, aber es wird in den nächsten Stunden sinken, der Höhepunkt der Flut ist schon vorbei, wir müssen uns mit dem Einkaufen beeilen.  

Mit drei Einkaufstaschen vollgepackt kommen wir zum Steg zurück. Unser Dinghy ist nicht mehr im Wasser, sondern thront auf zwei Felsen, die aus dem Wasser ragen! Wir müssen das Dinghy wieder ins Wasser bekommen, was nicht einfach ist. Das Ding ist ziemlich schwer, allein der Außenborder hat schon etwa 50 kg. Erwin muss ins kühle Nass, zieht vorsorglich nicht nur die Schuhe, sondern auch die Jeans aus. Das Dinghy ist rasch wieder im Wasser.  

Um 14 Uhr verlassen wir die Prosser Bay und segeln weiter zum nahegelegenen Maria Island. 

 

Maria Island

 

Darlington

 

22. - 23. Jänner 2023:

Am späten Nachmittag ankern wir in der kleinen Bucht vor dem historischen Ort Darlington. Nur ein weiteres Boot liegt noch da.  

Es ist ein sehr beschaulicher und stimmungsvoller Ort, wir sind auf dem riesigen Areal stundenlang unterwegs und zumeist völlig alleine. Anstelle der Menschen sind jetzt Kängurus, Wallabies und Wombats in der Überzahl.   

In Darlington waren ab 1821 für 10 Jahre Sträflinge untergebracht. Von 1842 bis 1850 fungierte  das Lager dann als Probation Station, die zu den 11 als UNESCO Weltkulturerbe aufgelisteten Strafgefangenenlagern Australiens zählt. Die Zahl der untergebrachten Sträflinge war nie sehr hoch. Die Erhaltung des Strafgefangenenlagers war teurer als auf dem tasmanischen Festland und rechnete sich trotz der billigen Arbeitskräfte nicht, was auch am  'humaneren' Umgang mit den Sträflingen auf Maria Island lag. Laut Governor Arthur, der bekannt grausam im Umgang mit den Sträflingen war, war Macquarie  Harbour zweieinhalb Mal produktiver als Maria Island.

Bis vor ungefähr 100 Jahren war Darlington ein prosperierender Ort, heute erinnern nur mehr die relativ gut erhaltenen Ruinen daran. Alle damaligen Unternehmungen sind gescheitert. Von dem Versuch, die Insel als die Riviera Australiens mit einem Grand Hotel zu vermarkten, bis hin zur  Zementerzeugung. Heute sind nur mehr die Park-Ranger und eine überschaubare Anzahl von Individualtouristen hier. Die Unterbringung ist entweder im ehemaligen Gefängnis oder in Zelten möglich, darüber hinaus gibt es keine Aktivitäten mehr. 

Das Grand Hotel wurde 1888 eröffnet und 1930 aufgegeben. Große Hoffnungen waren damit verbunden, es wurde trotz großem Engagement der Betreiber, der italienischen Familie Bernacchi,  nie ein richtiger Erfolg, für uns nachvollziehbar. Die Temperaturen sind in Tasmanien, auch im Sommer, nur angenehm wenn die Sonne scheint. Sobald sie untergeht, ist es kühl, der Wind ist ziemlich frisch. Rivierafeeling kann da nicht allzu oft aufkommen, auch wenn die Lage selbst wunderschön ist. 

Wir sehen zum ersten Mal wild lebende Kängurus, Wallabies und Wombats, wir sind überrascht und können es zuerst gar nicht glauben, sind begeistert. Die Kängurus und  Wallabies sind eher scheu, sogar das leise Klicken des Auslösers irritiert sie. Die Wombats hingegen lassen sich beim Fressen nicht stören, wir können zum Fotografieren ganz nahe an sie heran.  

 

Chinamans Bay

 

23. - 24. Jänner 2023:

Nach dem Frühstück segeln wir die Westküste von Maria Island entlang zur übernächsten Bucht und lassen nach knapp 10 Seemeilen in der Chinamans Bay den Anker fallen. Am Nachmittag wandern wir durch den Buschwald zu den Ruinen der Convicts Cells. 

 

Fortescue Bay - Three Capes Track

 

24. - 25. Jänner 2023:

Am 24. Jänner in der Früh segeln wir weiter Richtung Süden. Der Wind kommt zwar aus der richtigen Richtung, ist aber so schwach, dass wir bis auf eine Stunde, in der wir den Code Zero ausgerollt haben, motoren müssen. Immer wieder begleiten uns über längere Strecken Delphine. Wir verbringen viel Zeit vorne am Trampolin und genießen es, ihnen zuzuschauen wie sie verspielt herumtauchen, auf dem Rücken schwimmen und uns ihre weißen Bäuche zeigen, oft zwei oder drei synchron auftauchen und in die Höhe springen oder in Seitenlage schwimmend zu uns auf das  Boot hinaufschauen. Nach 6 Stunden und 30,4 Seemeilen fahren wir in die von steilen Granitfelsen umgebene, nicht sehr große Bucht. Die Delphine begleiten uns bis in die Bucht hinein! Unvergessliche Erlebnisse.

Für eine große Wanderung ist es zu spät, wir wollen uns nur etwas die Füße vertreten. Der Außenborder ist tot, Erwin muss, wie die vergangenen Tage, zum Dinghy-Steg rudern. Wir treffen Sarah und Mike, die wir bei Scott und Kat kennengelernt hatten und die auch in der Bucht liegen. Sie kommen gerade von den drei Capes zurück. Man muss 4 - 5 Stunden für die Tour einplanen. Unser Plan für morgen.  

  

25. Jänner: Um 8 Uhr sind wir bereits beim Beginn des Tracks, ein Wallaby sitzt da und schaut uns aufmerksam an.  

 

Der Track ist im Buschwald, gefühlt über tausende Steinstufen, dazwischen Waldwege und Holzstege über Feuchtbereiche, angelegt. Die niedrigeren Pflanzen sind sehr grün, einige haben Blüten oder ähnliches, für uns ziemlich exotisch. Die hohen, mächtigen Bäume wirken trocken.

 

Es ist ein herrlicher, sonniger Tag, es ist noch nicht zu warm und wir genießen die Wanderung sehr. Es sind erst wenige Leute unterwegs, vorwiegend sehr junge, die einen Teil des Tracks hinauf- und hinunterlaufen. 

 

Anfänglich führt der Track durch dichten Buschwald, dann werden die Steinstufen immer mehr. 

 

 

Nach etwas mehr als einer Stunde kommen wir zum ersten Lookout und sehen den langen Weg hinauf zum zweiten Cape. 

Bevor wir zum zweiten Cape kommen, geht es zuerst hunderte Steinstufen hinunter, bevor es wieder hinauf geht. Das Hinuntergehen ist zwar nicht so anstrengend, aber man muss sehr aufpassen, stolpern sollte man besser nicht. Der Ausblick ist traumhaft. Die Granitfelsen sehen unglaublich spektakulär aus.

Nach weiteren zweieinhalb Stunden Steinstufen hinunter und wieder hinauf sind wir am dritten Cape angelangt. 

Auf dem Weg zurück kommen uns viele Leute entgegen, auch einige geführte Touren. Wir sind froh, dass wir schon auf dem Weg zurück sind. Erwin entdeckt eine etwa 30 cm große Eidechse, die auf dem ersten Blick wie eine Schlange aussieht, erst auf dem zweiten Blick sieht man, dass es eine harmlose Eidechse ist.

Nach 5 Stunden sind wir wieder zurück am Ufer. Laut iPhone sind wir 10 km und 114 Stockwerke gegangen. Unsere 'Crocodile' ist inzwischen das einzige Boot in der Bucht, in der Früh waren es noch 5, Wind und Schwell haben stark zugenommen. Wir verzichten vorerst auf das Mittagessen, holen den Anker auf und verlassen möglichst schnell die Bucht, es ist 13:45 Uhr.  

Mit sehr wenig Wind von achtern motoren wir weiter Richtung Süden, unser Ziel ist Port Arthur. Wir sind überrascht, als neben unserem Boot plötzlich eine kleine Gruppe Seelöwen auftaucht. Es ist das erste Mal, dass wir hier in Tasmanien Seelöwen sehen.   

Bei der Umrundung des Tasman Islands kommt plötzlich starker NE-Wind mit bis zu 30 Knoten auf und bleibt die restlichen 9 Seemeilen bis Port Arthur um die 20 Knoten stark. Die kleine Insel ist völlig kahl. Beeindruckend sind ihre Doleritformationen, vulkanisches Gestein, das härter als Granit ist. 

 

Port Arthur

 

25. - 28. Jänner 2023:

Wir segeln in den großen natürlichen Hafen Port Arthur hinein und lassen um 18 Uhr zwischen der Muskoka von Scott und der S&S 34 von Patrick in der Carnarvon Bay den Anker fallen. 

 

26. Jänner: 

Nach dem Frühstück kommt Scott zu uns herüber. Er kennt sich bei Motoren sehr gut aus und er ist überzeugt, dass er den Außenborder zum Laufen bringen kann. Er schließt eine mögliche Fehlerursache nach der anderen aus und schließlich kann es nur mehr der Vergaser sein. Der Vergaser ist tatsächlich völlig verschmutzt, Scott reinigt ihn so gut es geht mit reichlicher Verwendung eines Säuberungssprays. Alles wieder zusammenbauen, nach zwei Stunden lässt sich der Motor wieder starten. Wir sind sehr erleichtert, es ist gefährlich, mit dem Dinghy längere Strecken zu rudern. Wenn stärkerer Wind aufkommt, kann ein Schlauchboot nicht mehr gerudert werden. Einerseits hat es einen hohen Luftwiderstand, praktisch keine Richtungsstabilität, weil ein Kiel fehlt. Andererseits sind die Ruder viel zu klein und zu kurz, um damit ausreichend Kraft ins Wasser zu bringen. Der wichtigste Rat von Scott, immer nur Super tanken. Wahrscheinlich war die letzte Tankfüllung in Fidschi alles andere als optimal. Wir verwerfen den Fidschi-Benzin und befüllen bei einer Tankstelle den Tank mit Superbenzin.

 

27. Jänner :

Wir haben vor, den berühmten Ort Port Arthur mit seinen historischen Gebäuden, Gartenanlagen und Ruinen des Strafgefangenenlagers, das wie 10 weitere in Australien als UNESC O Weltkulturerbe aufgelistet ist, zu besuchen. Das weitläufige Areal befindet sich in der Bucht gegenüber von unserem Ankerplatz. In der Früh große Enttäuschung, der Außenborder lässt sich wieder nicht starten. Es ist fast windstill und Erwin beginnt, die riesige Bucht rudernd zu durchqueren. Plötzlich ist Scott da und schleppt uns mit seinem Dinghy hinüber.  

Das Areal wirkt wie ein riesiger gepflegter Park, die Ruinen sind aufwändig abgesichert und werden museumsartig präsentiert. Einzelschicksale der Gefangenen werden verniedlicht so dargestellt, dass sich daraus eine Berechtigung für das Straflager ergeben soll. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Port Arthur eines der grausamsten Gefängnisse war und die Engländer sogar Kinder ab 9 Jahren und Jugendliche für aus heutiger Sicht geringfügige Vergehen in australische Straflager verbrachten. Sehr wahrscheinlich hat man elternlose Straßenkinder und Jugendliche so 'entsorgt'. Zwischen 1803 und 1853 wurden etwa 75.000 Gefangene nach Tasmanien deportiert.  

Neuankömmlinge mussten 4 - 12 Monate in winzigen Zellen in Einzelhaft in kompletter Finsternis und Stille verbringen, anfänglich nur bei Brot und Wasser, später durften sie für eine Stunde pro Tag die Zelle verlassen. Dabei mussten sie eine Gesichtsmaske tragen, um jegliche Kommunikation zu verhindern. Diese psychische Folter sollte die Gefangen dazu bringen, über ihre Straftaten zu reflektieren. Nicht wenige sind irrsinnig geworden. 

 

Das größte der Gebäude war ursprünglich als Getreidelager und Mühle konzipiert, in dem die Gefangenen in einer Tretmühle das riesige Mühlrad betreiben mussten und wurde später in ein Gefängnis umgewandelt. Die Sträflinge wurden über Jahrzehnte als billige Arbeitskräfte ausgebeutet.

Für die Frauen und Kinder der Offiziere und der Beamten wurde ein schöner Garten angelegt. Eine Familie hatte auch, entsprechen ihrer Größe, Anspruch auf einen Gemüsegarten. In einer Informationstafel wird bedauernd vermerkt, dass die Gefangenen manchmal aus diesen Gärten gestibitzt  haben.

Nach unserer Besichtigungstour springt der Außenborder wieder nicht an. Erwin beginnt zu rudern, es ist ziemlich weit zu unserem Boot. Der Kapitän einer Fähre, die auch gerade abgelegt hat, bietet uns an, uns ins Schlepptau zu nehmen. Wir nehmen das sehr gerne an. 

Den Nachmittag verbringt Erwin damit, den Außenborder erneut zu zerlegen. Er vermutet, dass wieder der Vergaser schuld ist und baut ihn aus. Der Vergaser schaut völlig sauber aus, Erwin spült ihn trotzdem mit reichlich Alkohol. Nach dem Zusammenbau, oh Wunder, der Motor lässt sich wieder starten. Das ist auch notwendig, Erwin hat schon Schwielen und Blasen durch das oftmalige Ziehen des Startkabels an der Hand.

 

28. Jänner:

Mit auslaufender Flut verlassen wir in der Früh Port Arthur. Unseren nächsten Ankerplatz haben wir in der Barilla Bay vor dem Ort Nubeena, die ungefähr 20 Seemeilen entfernt ist, geplant.  

Wir kommen am Cape Raoul vorbei, das für die Doleritformationen, die an Orgelpfeifen erinnern, bekannt ist. Hier gibt es einen Nationalpark mit einer als sehr attraktiv beschriebenen Klippenwanderung.

Nach der Umrundung des Cape Raouls haben wir schwachen Wind von vorne seitlich, segeln mit Vorsegel und Motorunterstützung. Der Wind legt innerhalb weniger Minuten von unter 10 auf Spitzen bis 43 Knoten ( = 80 km/h) zu. Das geschieht plötzlich und völlig überraschend und war auch aus den Wetterprognosen vor dem Ablegen nicht ablesbar. Wir erleben die Roaring Forties, eine neue Erfahrung, wir sind am 43. Breitengrad. Da vorher der Wind schwach war und ständig gedreht hat, haben wir glücklicherweise nur das Vorsegel zur Unterstützung des Motors gesetzt. Der Wind ist so stark, dass wir unseren Kurs nicht halten können und weiter hinaus gedrückt werden. Wir verkleinern das Vorsegel auf etwa ein Drittel und rollen es schließlich ganz ein. Wir müssen mit zwei Motoren gegen den Wind ziemlich von vorne und die steilen, giftigen Wellen ankämpfen, um überhaupt rund 3 bis 4 Knoten Fahrt zu machen. Die Gischt fliegt über das ganze Boot, wir werden richtig eingesalzen. Wir nehmen Kurs auf die Küste, um durch die Felsen etwas abgeschirmt zu sein, was auch in Maßen erfolgreich ist. Der Wind bleibt den Rest der Fahrt um die 30 Knoten, in den Böen um die 40. Die Bucht, die wir durchqueren, heißt 'Storm Bay'.

 

Barilla Bay - Nubeena

 

28. - 30. Jänner 2023:

Nach 22,4 Seemeilen fahren wir in die gut geschützte Bucht hinein, Wind und Wellen lassen deutlich nach. Auf einer Uferseite befinden sich große Fischfarmen mit den sie abgrenzenden schwarzen Bojen. Die Anlagen sind nur als einzelne Symbole und nicht in ihrer gesamten Ausdehnung in der elektronischen Karte vermerkt. Keine Bucht für eine Einfahrt in der Nacht. Wir ankern nahe dem Dinghy-Steg in einem großen Bojen- und Ankerfeld. Sehr erfreulich, der Außenborder springt wieder an und wir drehen eine kleine Runde mit Vollgas, bevor wir am Steg anlegen und in den kleinen Ort Nubeena einkaufen gehen.  

Am 30. Jänner verlassen wir mit auslaufender Flut die gut geschützte Bucht und segeln nach Hobart. Es sind knapp 30 Seemeilen. Die Sonne scheint, der Wind ist schwach, wenig Welle, der Windwinkel anfänglich nur um die 30 Grad. Wir segeln mit dem Vorsegel und Motorunterstützung. 

 

Hobart

 

30. Jänner - 2. Februar 2023:

Gegen 16 Uhr kommen wir nach Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens. Hobart liegt an der Mündung des Derwent Rivers und hat etwa 250.000 Einwohner. 

Wir segeln an die 20 Seemeilen in den Hafen hinein. Die Marinas sind wegen des  bevorstehenden Wooden Boat Festivals leider voll. Wir ankern in der Sandy Bay nahe des Royal Yacht Clubs und des Zentrums von Hobart. Bis der Anker endlich hält, brauchen wir für 5 Versuche rund zwei Stunden. Beim letzten Mal 90 m Kette. Wir treffen Scott und Kat, die ebenfalls in der Sandy Bay ankern. 

31. Jänner 2023:

Wir verbringen einen entspannten Tag im Zentrum von Hobart, besuchen das Tasmanian Museum and Art Gallery, finden ein großes Buchgeschäft und versorgen uns mit Lesestoff und Sudokus und genießen abschließend an der Waterfront in der Sonne sitzend  ein sehr gutes Essen. Der Wind hat tagsüber ziemlich aufgefrischt, was wir in der Stadt kaum bemerkt hatten. Die Rückfahrt mit dem Dinghy zu unserem Ankerplatz ist wenig angenehm. Einerseits ist es relativ weit und andererseits kommen Wind und Wellen von vorne, sodass es eine etwas feuchte Angelegenheit ist. 

Den 1. Februar verbringen wir am Boot. Es ist kalt und der Wind bläst mit bis zu 30 Knoten. Wenig verlockend für eine Dinghy-Fahrt. Für die kommenden Tage ist ein ausgeprägtes Tief vorhergesagt. 

 

2. Februar 2023:

Wir wollen nicht in der Sandy Bay bleiben und suchen am Vormittag eine Marina in der näheren Umgebung von Hobart. Wir werden in der Oyster Cove Marina in Kettering fündig. Laut Marina-Manager können wir kommen und können anlegen, wo immer wir einen Platz finden. Mit auslaufender Flut und Wind von achtern segeln wir zügig hin, legen drei Stunden später am ersten Steg in der Bucht an. In der sehr großen Bucht hängen viele Boote an Bojen, alles ist sehr unübersichtlich und zusätzlich regnet es. Wir melden uns beim Marina-Manager und erfahren, dass dieser Steg zu einer anderen Marina gehört und in der Oyster Cove Marina, die tiefer in der Bucht liegt, kein Platz frei ist. Morgen wird voraussichtlich ein Platz frei werden, wenn ein Boot ablegt. Wir können die Marina, zu der der Steg gehört, wo wir angelegt haben, nicht erreichen und hoffen, dass niemand kommt und den Platz für sich reklamiert und wir in der Nacht einen Ankerplatz suchen müssen. So eine Situation habe ich gar nicht gern. Wir haben eine ruhige Nacht. 

 

Kettering - Oyster Cove Marina

 

3. -  25. Februar 2023:

3. Februar:

Um 9 Uhr in der Früh legt ein Boot wie versprochen vom Visitor Dock ab, wir sind bereit und einige Minuten später legen wir am Dock an. Die Marina hat rund 300 Plätze und es liegen einige schöne Yachten aus Holz hier. Im Marina Office ist man sehr locker und entspannt, will auch keine Unterlagen von uns oder Kreditkarten. Es gibt drei Cafes bzw. Restaurants am Wasser und auch eine Chandlery. Alles sehr gepflegt und angenehm. Wir sind froh, dass wir uns hierher verlegt haben, in der Sandy Bay in Hobart war es rollig, ein Tief war im Kommen und unser Außenborder startet schon wieder nicht.

 

4. Februar:

Es regnet den ganzen Tag und durch den Wind ist es so richtig kalt. Wir aktivieren den Heizlüfter und bleiben am Boot. Wir buchen ein Mietauto und stellen die Route für unseren geplanten Landausflug zusammen. Hoffentlich zieht das Tief bald durch. Bis jetzt hatten wir mit dem Wetter in Tasmanien Glück, hatten immer Sonnenschein bei unseren Tagesausflügen. 

 

6. Februar:

Wir fahren mit dem Bus nach Hobart, genehmigen uns ein zweites Frühstück in einem Cafe, das wir schon kennen und phantastische Mehlspeisen hat. Danach holen wir unser Mietauto ab, besuchen noch das Frauengefängnis und fahren auf den Mount Wellington hinauf. 

 

Cascades Female Factory

Die historische Anlage mit den Ruinen der Cascades Female Factory befindet sich am Fuße des Mount Wellington am Stadtrand von Hobart. In dieses Frauengefängnis wurden zwischen 1828 und 1853 tausende Frauen von Großbritannien nach Tasmanien verbracht, um für ihre Straftaten, in 98% handelte es sich um Diebstähle oder Betrügereien, zumeist aus der existentiellen Not heraus, zu büßen. Für die damalige Obrigkeit passten diese Frauen nicht in das Idealbild der viktorianischen Weiblichkeit, weshalb man sie aus den Augen haben wollte. Die übliche Strafe für die meist kleinen Delikte waren 7 Jahre Strafgefangenenlager in Australien, für schwere Delikte lebenslang. 

Man bemüht sich, die unmenschliche Behandlung und die harten Bedingungen, unter denen die Frauen leben und arbeiten mussten zu vermitteln, eine Schauspielerin schlüpft für 45 Minuten in unterschiedliche historische Frauenrollen. 

In der damaligen Zeit war man überzeugt, dass die Kriminalität nur dadurch reduziert werden könnte, indem man die 'kriminelle Schicht' entfernen lässt. Das führte dazu, dass im 18. und 19. Jahrhundert etwa 165.000 Männer, Frauen und Kinder zwangsweise von Großbritannien nach Australien in Strafgefangenenlager verbracht wurden. 

Wir haben drei der 11 Strafgefangenenlager Australiens, die als UNESCO Weltkulturerbe gelistet sind gesehen. Für uns ausreichend deprimierend. Eine der dunkelsten Seite der Kolonialisierung Australiens durch Großbritannien. 

 

Mount Wellington

Der 1271 Meter hohe Berg liegt in einem großen Naturpark am Rande von Hobart. Von seiner Spitze haben wir einen überraschend schönen Blick auf Hobart und den weit verzweigten Hafen. 

Auf der Rückfahrt von Hobart nach Kettering sehen wir um die 20 tote junge Kängurus oder Wallabies auf der Straße liegen, die es nicht geschafft haben, die Straße zu queren. Es ist traurig. Es scheint auch niemand die toten Tiere von der Straße zu entfernen.

 

7. Februar:

In der Früh starten wir zu unserem 'Land Cruising'. Ziel ist der im Nordwesten liegende Cradle Mountain National Park, eine der herausragenden Sehenswürdigkeiten in Tasmanien. Es sind 350 km, die Fahrt dauert mit rund 6 Stunden um einiges länger als gedacht. Am Midland Highway 1 als wichtigster Nord-Südverbindung gibt es viel Straßenbau mit Stopps für den Gegenverkehr und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 40 km/h.

 

Cradle Mountain - Lake St.Clair National Park

 

7. - 10. Februar 2023:

Wir haben für drei Tage eine Cottage mit Spa im Cradle Mountain Wilderness Village gebucht. Die  einzelnen Gebäude liegen auf einem großen Gelände umgeben von Urwald. Beim Einchecken werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass jetzt Schlangensaison ist und wir die Türen immer geschlossen halten sollen. 

Gleich am ersten Tag besucht uns eine Krähe am Balkon und will offensichtlich gefüttert werden. Sobald wir beim Frühstück sitzen, kommt auch sie auf das Balkongeländer und schaut zu uns herein. Wir geben ihr Früchtebrot, das schmeckt. Toastbrot wird auch angenommen. Nachdem wir ihr Hartkäsestückchen füttern, wird das Toastbrot verschmäht. Sie kommt nur mehr näher, wenn wir ein Stückchen Käse in der Hand haben. Wir sind erstaunt, wie eindeutig die Krähe uns vermitteln kann, was sie will. 

Am ersten Tag starten wir mit dem Dove Lake Rundwanderweg. Er führt durch dichten, schattigen Regenwald, immer wieder unterbrochen von wunderbaren Ausblicken auf den See und auf den Cradle Mountain.  

Wir haben Lust auf mehr und wollen zum Marions Lookout auf 1223 m hinauf. Vom Dove Lake Circuit kann man das über zwei Tracks. Beide sind auf der Karte rot eingezeichnet. Wir nehmen den Marions Lookout Link Track, weil er kürzer ist. Der Track ist anstrengend, oft sind recht hohe Felsstufen zu überwinden, es ist mehr klettern als wandern. Auf einigen Abschnitten gibt es Ketten zur Sicherung.   

Die Anstrengung hat sich gelohnt, der Ausblick vom Marions Lookout ist beeindruckend.

 

Der Abstieg führt beim Crater Lake über hohe Felsstufen steil hinunter. Danach ist der Track angenehm zu gehen und abwechslungsreich, die Ausblicke traumhaft schön. 

Am Ende des Tracks macht uns ein Australier auf eine etwa 1,5 m lange Tigerschlange aufmerksam. Sie ist eine der giftigsten Schlangen weltweit und kommt vor allem in Tasmanien vor, ihr Biss ist tödlich. Die Hautfärbung ist unauffällig, lediglich an der Unterseite zeigt sie eine bräunlich-gelbe Färbung. Man muss aufpassen.

 

Wir waren 7 Stunden auf den Beinen, vor allem das hohe Hinauf- und Hinuntersteigen war kräftezehrend. Für den ersten Tag ziemlich viel. Für den zweiten Tag planen wir einfachere Tracks durch den Regenwald. Es gibt einige sehr schöne, nicht zu lange Boardwalks. 

 

9. Februar: 

Wir gehen es gemütlich an und kehren nach einer kurzen Regenwaldwanderung, die über Holzstege geführt ist, im Cradle Mountain Hotel ein und genießen beim offenen Kamin sitzend Cappuccinos. Danach wählen wir den Enchanted Walk und weiter den Speeler Track. Nach rund eineinhalb Stunden finden wir keine wegweisenden Stangen mehr. Wir sind guter Dinge, weil wir glauben, die richtige Richtung zu kennen. Wir gehen ziemlich lange durch hohes, nasses Gras, sehen dann doch wieder Markierungsstangen, denen wir folgen. Das Gelände wird zunehmend unwegsamer, hin und wieder sehen wir rosa Plastikbänder an Sträuchern hängen, sind froh sie zu entdecken und gehen ihnen nach. Wir sind schon recht hoch oben. Bis auf einen Wombat, der sich beim Fressen nicht stören lässt, sind wir völlig alleine, schauen auf einen Taleinschnitt mit einem Gewässer hinunter. Wir haben keinen Internetempfang und auf unserer Wanderkarte können wir unsere Position nicht bestimmen. Wir wissen nicht, wo wir sind.

Im unwegsamen und unberührten, sehr steilen Urwald kommen wir nur langsam voran. Es gibt keinen Weg, nur die Markierung mit den rosa Plastikbändern gibt uns das Gefühl, dass sich hier schon einmal jemand durchgekämpft hat. Wir müssen immer wieder über umgefallene Bäume und Felsen klettern. Manche Felsen sind fast senkrecht und einige Meter hoch und wir müssen mit dem Gesicht zur Wand absteigen. Erwin klettert zuerst. Es gelingt mir, ruhig zu bleiben. Ohne hinunter zu schauen folge ich den Anweisungen von Erwin, wohin ich welchen Fuß setzen soll, um Halt zu haben. Zurück können wir nicht, wir müssen weiter, würden gerne wissen, wie lange es noch so weitergeht.

 

Nach ungefähr zweieinhalb Stunden ist das Gelände endlich weniger steil.  Hin und wieder haben wir einen Blick in die Tiefe auf eine Art Canyon und hören Wasser rauschen. Es ist windstill, es regnet nicht, wir haben genug zu essen und genug Wasser mit - schlimmer geht immer.    

In einer Trinkpause bemerke ich, dass über meinen linken Wanderschuh Blut rinnt. Beim genaueren inspizieren sehen wir, dass Blut aus dem knöchelhohen Schuh quillt. Beim Öffnen des Schuhs entdecken wir einige Blutegel, die sich am unteren Unterschenkel festgesaugt haben, trotz knöchelhoher Schuhe und Jeans. Erwin entfernt die Biester und mit unserem letzten Wasser spülen wir die Wunden und das Blut ab. Aus einer Bissstelle rinnt hellrotes Blut nur so heraus. Wir machen mit Papiertaschentüchern eine Art Kompression und schnüren den Schuh so eng es geht zu.   

Nach über 7 Stunden kommen wir zu einem Holzsteg mit einem Wegweiser 'Pencil Pine Track', der in die Richtung zeigt, aus der wir gekommen sind. Jetzt wissen wir endlich wo wir - zumindest ungefähr - waren. Auf einem 'Track' waren wir allerdings nicht. Es war für uns ein einmaliges Erlebnis, einige Stunden im unwegsamen, steilen Gelände einen völlig unberührten Regenurwald zu durchqueren.

 

10. Februar:

Nach dem Frühstück fahren wir Richtung Südosten nach Launceston, der zweitgrößten Stadt Tasmaniens. 

 

Launceston

10. - 12. Februar:

Launceston liegt am Tamar River, einem 70 km langen Wasserweg zwischen der Bass Strait und der Stadt. Es wäre auch möglich, von der Bass Strait nach Launceston mit dem Boot hinein zu fahren. Einige Segelboote machen das auch. 

Cataract Gorge, die Hauptattraktion von Launceston, ist der Durchbruch des Tamarflusses durch eine wilde Felsenschlucht, nur wenige Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt. Im Fluss wird gebadet, weil es sauberes Wasser aus dem Umland ist. Es gibt Wanderwege, einen Sessellift, der die Schlucht quert, Cafe's und Restaurants. In früheren Zeiten hatte die Felsenschlucht eine höhere Bedeutung als heute. 

11. Februar:

Es ist eine angenehme Abwechslung, wieder einmal durch gepflegte Parks und Fußgängerzonen zu schlendern. Launceston ist eine sehr nette Stadt mit viel urbanem Flair. Viele Häuser haben reich gegliederte Fassaden, die im Stil etwa unseren Gründerzeitbauten ähneln. Die Straßen und Fußgängerzonen sind belebt, es gibt viele Geschäfte, Boutiquen und ein vielfältiges gastronomisches Angebot. Zu unserer Überraschung entvölkern sich die Straßen am Samstag ab 14:30 schlagartig und die meisten Geschäfte und Lokale schließen.

12. Februar:

Auf dem Rückweg von Launceston bleiben wir beim Bonorong Wildlife Reserve stehen. Wir wollen unbedingt die berühmten Tasmanischen Teufel sehen. Das sind eigentlich sehr liebe possierliche Tierchen, die ihren Namen nur deshalb von den frühen Siedlern bekommen haben, weil sie in der Nacht schrecklich schreien und weil ihnen beim Fressen das Blut in die Ohren steigt, die dann wie zwei rote Hörner ausschauen. Sie fressen nur andere tote Tiere und jagen selbst nicht, erfüllen damit eine wichtige Aufgabe in der Natur. Auf den Straßen Tasmaniens werden sehr viele Tiere totgefahren, die dann liegen bleiben. Wenn die Tasmanischen Teufel sie fressen, werden sie selbst sehr häufig Opfer des Verkehrs. Zusätzlich sind sie gefährdet durch einen sehr ansteckenden Gesichtstumor, der im Endstadium die Nahrungsaufnahme unmöglich macht und die armen Teufel verhungern. An einer Impfung wird gearbeitet. 

Hier gibt es auch Ameisenigel, eines der zwei eierlegenden Säugetiere, das zweite ist das Schnabeltier, zutrauliche Kängurus und ein Wombatbaby, das seine Mutter bei einem Verkehrsunfall verloren hat und hier mit der Flasche aufgezogen wird. Das Wildlife Reserve nimmt verletzte Tiere auf und wenn sie nicht mehr ausgewildert werden können, dürfen sie ihr Leben lang hier bleiben.

13. Februar:

Am Vormittag fahren wir nach Hobart und geben das Leihauto zurück. Wenn wir in Hobart sind, ist ein Besuch im Cafe Daci & Daci ein Muss. Nicht nur wegen der pain au raisin, auch das Früchtebrot, das wir gerne zum Frühstück essen, ist ein Traum. 

Im Hafen ist extrem viel los, heute ist der letzte Tag des Wooden Boat Festivals. Es sind sehr viele alte, kleine und auch einige sehr große Segelschiffe aus früheren Zeiten zu sehen. Sie sind sehr schön gepflegt und werden für das jährliche Festival auf Hochglanz gebracht. Es ist sehr interessant zu sehen, wie die großen auftretenden Kräfte auf einem Segelschiff mit den damaligen technischen Möglichkeiten beherrscht wurden. 

19.Februar: 

Wir fahren mit dem Bus nach Hobart. Einerseits wollen wir wieder einmal ins Cafe Daci & Daci und andererseits wollen wir eine Stadtrundfahrt mit dem Hop-on-hop-off Bus machen. Nur um sicher zu sein, dass wir nichts übersehen haben. Nach zwei Stunden haben wir Gewissheit, wir haben nichts übersehen. Im Salamanca Viertel schauen wir in versteckte, attraktive Innenhöfe und Art Gallerien hinein und gehen über die als historisch beschriebene Kelly Stiege hinauf zum Batterie Point, wo es noch viele Gebäude aus Sandstein, um 1840 erbaut, gibt. 

 

Mona

20. Februar:

Den heutigen Tag verbringen wir im Museum of Old and New Art. Es gehört, ebenso wie die hier präsentierte breit gestreute und große Kunstsammlung, dem Tasmanier David Walsh. Das Mona befindet sich etwa 12 Kilometer oberhalb von Hobart auf einer Halbinsel im Derwent River. Die Bewertungen im Internet waren sehr unterschiedlich, von einmalig und außergewöhnlich bis vernichtend. Wir wollten uns überraschen lassen, waren neugierig.   

Schon alleine der Museumskomplex ist ein architektonisches Kunstwerk für sich. Wir sind fasziniert und bewundern die bis ins Detail perfekte Ausführung. Das Museum wurde in den etwa 240 Millionen Jahre alten massiven Sandstein hinein mit drei unterirdischen Ebenen errichtet.  

Die Exponate umfassen die Antike, die Moderne und zeitgenössische Kunst, die Werke sind total gemixt und werden sehr effektvoll präsentiert. Zu unserer Überraschung hat der Porsche  eine Wiener Nummerntafel. In der Mona-App nachgeschaut, lernen wir, dass es das 'Fat Car' von Erwin Wurm ist. Wir verbringen 5 interessante Stunden im Museum.

 Erwin: Die nächsten Tage verbringe ich in der Bilge und in beiden Motorräumen. Die Bilgenpumpe backbordseitig hört plötzlich auf zu arbeiten, einen Fehler kann ich nicht finden. Diese Pumpe entsorgt das Grauwasser der Dusche, des Waschbeckens und des Waschtrockners nach außen. Glücklicherweise bekommen wir in Hobart eine Ersatzpumpe. 

Auf der Steuerbordseite erzeugt die Lichtmaschine des Motors seit einigen Wochen keinen Strom. Der Motor verliert Kühlflüssigkeit, zudem ist die Kühlflüssigkeit stark durch Rostpartikel belastet. Bei der Volvo Werkstätte nahe der Marina rät man mir, den Wärmetauscher zur Prüfung zu bringen. Ich baue den Wärmetauscher aus und bringe ihn zur Werkstätte. Das Knie, indem die Abgase vom Wärmetauscher kommend abgeleitet werden, hat innen einen knapp 1cm dicken, sehr festen Belag. Innen ist der Wärmetauscher komplett verlegt und mit Salz verkrustet. Man erklärt mir, dass durch die beim Motorsegeln üblichen niedrigen Drehzahlen der Motor nicht auf richtige Temperatur kommt und die Abgase im Wärmetauscher kondensieren. Dann wird es beim Backbordmotor auch so sein. Ich baue ihn auch aus und bringe ihn zur Werkstätte. Die Wärmetauscher werden in einem Säurebad gereinigt, die Dichtungen erneuert und sie bekommen neue Knie. Die Lichtmaschine ist nicht reparabel, die neue original Volvo Lichtmaschine ist teuer. 

 

Ich mache einen Ölwechsel bei beiden Motoren, tausche drei Filter pro Motor und fülle die Kühlflüssigkeit wieder ein. Alles ausbauen und wieder einbauen klingt einfach, ist es aber nicht. Der Platz in den Motorräumen ist sehr knapp und ich muss mich richtig 'hineinschlichten'.  Beide Motoren laufen wieder.

Southport

Am 25. Februar legen wir von der Oyster Cove Marina in Kettering ab und segeln im D'Entrecasteaux Channel, benannt nach dem französischen Entdecker, 26 Seemeilen Richtung Süden nach Southport, der südlichsten Ansiedlung Australiens. Wir ankern in der Deephole Bay. Der 26. Februar ist komplett verregnet. Die Bucht ist ungemütlich, sehr rollig. Internet gibt es auch keines. Von den 9 Booten, die vor Anker gelegen sind, haben bis auf zwei die Bucht verlassen. 

Unsere Versuche, eine Transportmöglichkeit zu bekommen, um die etwa 10 km entfernten Hastings Caves and Thermal Springs zu besuchen, scheitern. Es gibt weder öffentlichen Verkehr, noch Taxis. Der Ort ist wie ausgestorben, keine Geschäfte, nichts. Bei den Häusern handelt es sich offensichtlich um Zweitwohnsitze. Es gibt lediglich ein Pub, etwas außerhalb des Ortes in einem Caravan Park, wo wir sehr gut und preiswert essen. Frustriert verlassen wir Southport. 

Bruny Island

Am 28. Februar segeln wir im D'Entrecasteaux Channel zum gegenüber liegenden Bruny Island und ankern nach 12,6 Seemeilen in der Mickey Bay. Eine schöne, ruhige Bucht, allerdings mit einem sehr flachen, schlammigen Sandstrand. Mit Mühe ziehen wir das Dinghy weit hinauf, die Flut ist im Kommen. Von hier soll ein Weg zum Lighthouse-Track führen, den wir vergeblich suchen. Es sind keine Wegweiser zu sehen und so machen wir eine ausgedehnte Urwaldwanderung.

 

Den im Cruising Guide beschriebenen Weg finden wir nicht. Dafür entdecken wir zwei liebe semmelgelbe Ameisenigel.   

Nach intensivem Studium einer Straßenkarte entdeckt Erwin einen Weg, der vom Strand in der Great Taylors Bay zum Lighthouse-Track führt. Die Great Taylors Bay liegt gleich neben der Micky Bay. Noch vor Sonnenuntergang fahren wir hinüber. Endlich liegen wir richtig.

 

1. März 2023:

Wir haben unseren südlichsten Punkt mit dem Boot erreicht: Süd 43° 27' 34.3'' Ost 147° 9' 50.6''. Wir frühstücken, rudern zum Strand, ziehen das Dinghy hinauf und machen uns auf den Weg zum etwa 4 km entfernten Leuchtturm.  

Wie so vieles hier wurde auch der Leuchtturm von Sträflingen erbaut. Den Sträflingen wurde bei Fertigstellung die Freiheit zugesichert und der 114 m hohe Leuchtturm wurde in nur 19 Monaten 1836 fertiggestellt. Das Licht war bis in eine Entfernung von 58 km auf See sichtbar. Damals war es eine technische Herausforderung, so war für die Lichtquelle das Öl von Spermwalen erforderlich und die Glaslinsen, um das Licht zu fokussieren, waren optische Meisterstücke. Der Leuchtturm war 158 Jahre in Betrieb. 

Die Zufahrt zum D'Entrecasteaux Channel ist mit Riffen gespickt und eine Serie von Schiffen sind hier verloren gegangen. Auslöser für den Bau des Leuchtturms war der Untergang eines Schiffes mit Sträflingen. Alle Sträflinge ertranken, weil die Wachen die Ketten nicht lösten. Die Begründung war, dass die Sträflinge fliehen könnten.

 

Um 14:30 verlassen wir die Great Taylors Bay auf Bruny Island und segeln zurück Richtung Norden nach Kettering. Wir wollen die Nacht in der Oyster Cove Marina verbringen. Es sind 22 Seemeilen, der Wind kommt von West. Wir überlegen, den Code Zero zu setzen, entscheiden uns dagegen und für das Groß mit zweitem Reff, was retrospektiv eine gute Entscheidung war. Der Wind wechselt zwischen sehr schwach und 26, maximal 31 Knoten, die Wellen sind extrem unregelmäßig, kein angenehmes Segeln.  

In der Ferne sehen wir, dass in der Bucht vor der Marina eine Regatta stattfindet. Die Boote kreuzen vor der Marina-Einfahrt hin und her. Um besser unter Motor manövrieren zu können, bergen wir die Segel etwas früher als beabsichtigt, unmittelbar danach ist auch die Regatta zu Ende. Die Regatta-Boote und wir fahren praktisch gleichzeitig in die Marina hinein. Um uns herum werden wir von den Regatta-Booten, die zu ihren Marina-Plätzen fahren, überholt und gequert. Die Sonne steht tief und blendet, ich bin am Steuer und im Gegenlicht sehe ich fast nichts, bin sehr gestresst. Erwin ist ganz ruhig und versucht in dem Hochbetrieb auszumachen, ob am Visitor-Dock ein Platz für uns frei ist. Wir haben Glück, unser alter Platz ist frei und wir müssen nicht im Dunklen in der Bucht einen Ankerplatz suchen. Wir legen um 19:10 am Visitor-Dock an.  

 

2. März 2023:

Am Vormittag legen wir von der Oyster Cove Marina ab und segeln zur 32 Seemeilen entfernten Murdunna Bay. Anfänglich kommt der Wind aus WNW und ist schwach, legt gegen Nachmittag auf bis zu 26 Knoten zu und dreht auf Süd, die Farbe des Wasser wechselt von blau auf grün mit Schaumkronen, die Wellen kommen sehr unangenehm von der Seite. Kurz vor 18 Uhr lassen wir am nördlichen Ende in der seichten Bucht den Anker fallen. Hier liegen sehr viele Boote an Bojen. Als es finster wird bleiben alle Boote ohne Licht, ebenso die Häuser rundherum. Wir sind ganz alleine, der Wind heult, Windspitzen bis 27 Knoten, der Schwell ist gering, der Anker hält.   

Die Bucht haben wir gewählt, weil sie Schutz vor Winden, ausgenommen aus südwestlicher Richtung, bietet. Morgen um 8 Uhr früh müssen wir vor der Einfahrt des Denison Canals sein. Der Denison Canal ist seit 1905 in Betrieb. Dadurch ist es möglich, die Storm Bay bei einer Fahrt entlang der Küste zu vermeiden und insgesamt weniger und sicherere Seemeilen zurückzulegen. 

  

3. März 2023:

Der Alarm weckt uns um 5:50 Uhr, es ist noch stockfinster. Um 6:50 heißt es 'Anker auf', der Wind hat auf unter 20 Knoten nachgelassen, bis zum Kanal sind es knapp 5 Seemeilen. Pünktlich um 8:00 Uhr sind wir, so wie drei weitere Boote, vor der Einfahrt. Wir werden informiert, dass wir im Konvoi als 4. Boot hinter einem Fischerboot durch den Kanal fahren werden. Das gibt uns Sicherheit, weil das Fischerboot sicher mehr Tiefgang hat als unsere 1.50 m. In der Garminkarte sind stellenweise Tiefen von nur einem Meter angegeben, was natürlich nicht stimmen kann aber trotzdem beunruhigt. Wir haben den frühen Termin bei Flut für die Durchfahrt gewählt. 

Nach rund einer Stunde sind wir durch, es war etwas aufregend (unser zweiter Kanal nach dem Panamakanal 😊). Um 9:10 Uhr verlassen wir die Narrows und nehmen Kurs auf Maria Island. Von nun an segeln wir wieder nach Norden, zurück in Richtung australisches Festland. 

 

Maria Island

 

3. - 4. März 2023:

Es ist ein schöner, sonniger Tag, wir segeln mit Vorsegel und Code Zero und nach drei Stunden legen wir in der Darlington Bay auf Maria Island an einer  Boje an. 

Wir machen uns sofort auf den Weg zu den Painted Cliffs, die am besten bei Ebbe zu besichtigen sind. Diese Sandsteinküste ist vor Jahrmillionen entstanden. Durch eisenoxydhaltiges Sickerwasser sind die unterschiedlichen Färbungen dazugekommen. Die Meereswellen schaffen durch Abtragung und Aushöhlung die Formationen. Dieses Gesamtkunstwerk der Natur ist wunderschön anzusehen und wir bleiben lange und genießen die Harmonie des einmaligen Ortes. 

Für den Rückweg zur Bucht entscheiden wir uns für den Track durch den Urwald. Der Weg im Schatten riesiger Bäume geht fast eben dahin, es ist herrlich ruhig, nur Vogelgezwitscher. Der heutige Tag hätte nicht besser verlaufen können.  

Der Track führt uns am Oast House vorbei, in dem während der zweiten Strafgefangenen-Periode (1842 - 1850) Hopfen getrocknet wurde. Umgeben war das Oast House von Hopfenfeldern.

Die ehemaligen Räumlichkeiten der Sträflinge in Darlington dienen heute als sehr einfache Möglichkeit für Touristen zu übernachten. Versorgungsmöglichkeiten gibt es hier keine, die Gäste müssen Essen und Getränke, ebenso Schlafsäcke, mitbringen.  

 

Die hier lebenden Cape Barren Gänse zählen zu den seltensten Gänsen weltweit. Sie sind etwa so groß wie die gewöhnlichen Hausgänse. Sie haben die Fähigkeit, Salz- und Brackwasser zu trinken. 1950 war ihre Zahl so niedrig, dass die Gefahr der Auslöschung bestand. Verschiedene Initiativen haben bewirkt, dass sich die Population der Cape Barren Gänse komplett erholt hat. 

 

4. März 2023:

Wir verbringen eine ruhige Nacht an der Boje in der Darlington Bay. Für die nächsten Tage ist starker Nordwind vorhergesagt, sodass wir nicht weiter Richtung Norden segeln können. Wir entscheiden uns, nach Triabunna, das gegenüber Darlington liegt, zu segeln. Wir müssen uns für die Fahrt zum australischen Festland verproviantieren, dafür ist Triabunna gut geeignet. Wir haben den vorhergesagten Nordost-Wind bis um die 20 Knoten und segeln mit Vorsegel und Code Zero zügig die 9 Seemeilen hinüber. 

 

Triabunna

 

4. -  6. März 2023:

In der Marina ist kein Platz frei, weshalb wir am frühen Nachmittag in der Spring Bay vor der Kanalzufahrt zum Hafen ankern. Die Bucht ist sehr groß und seicht, sodass Platz kein Problem ist. Wir liegen gut geschützt im Nordosten, fahren mit dem Dinghy zum Dinghy-Steg in der Marina und gehen einkaufen und essen.  

Am 6. März legen wir in der Früh von Triabunna Richtung Norden ab. Unser nächstes Ziel ist die Wineglass Bay. Noch am Anker setzen wir das Groß und segeln mit ausströmender Flut hinaus. Die Fahrt ist von Anfang an unangenehm. Die Wellen sind konfus, kommen aus allen Richtungen, das Boot ist sehr unruhig. Der Wind kommt zwischen 5 und 24 Knoten entgegen den Vorhersagen aus WNW und NW, am späteren Nachmittag verstärkt sich die Nordkomponente auf NNW. Um den Kurs halten zu können, müssen wir zeitweise den Motor einsetzen. Bei der Einfahrt in die Bucht haben wir 30 Knoten auf die Nase. 

 

 Wineglass Bay

 

6. - 8. März 2023:

Gegen 18 Uhr sind wir froh, den Anker nach 8 Stunden und 41 Seemeilen fallen lassen zu können. 5 weitere Boote liegen in der Bucht. In der Nacht setzt starker Regen mit Böen bis 38 Knoten ein, der Schwell ist erträglich. 

Der Wind bleibt auch am 7. März sehr stark, an eine Dinghy-Fahrt zum Strand ist nicht zu denken. Am Nachmittag steigert sich der Wind in den Böen auf bis zu 48 Knoten (= 89 km/h). Der Sturm pfeift und löst von den Wellenkämmen Wassertröpfchen, die er als Spray horizontal vor sich hertreibt. Wenn die Sonne darauf scheint, sehen wir ungewöhnliche flache Regenbögen, die über die Wellen jagen. Ein Naturschauspiel, das wir bisher noch nicht gesehen haben. Der Anker hält. Die Nacht ist dann deutlich ruhiger.  

Ohne an Land gegangen zu sein, legen wir am 8. März in der Früh von der Wineglass Bay weiter Richtung Norden ab. Der Wind kommt vorwiegend aus WNW, wodurch wir einen günstigen Windwinkel haben, ist aber mit deutlich über 20 Knoten stärker als vorhergesagt, die Böen zwischen 32 und 38 Knoten. Die hohen Wellen kommen schräg von vorne, das Boot ist extrem unruhig, die See sehr rau. Wir segeln am Limit mit dem 2. Reff im Groß und reduzieren das Vorsegel auf 30, später auf 50%. Immer wieder begleiten uns Delphine. Segler haben begeistert von hunderten Delphinen in der Bass Strait erzählt, das hätten wir auch gerne erlebt. Gegen 19 Uhr geht die Sonne unter und gleichzeitig geht gegenüber der Vollmond, groß und orangefarben, auf. In der Nacht ist es kalt, wir frieren, wir haben eine helle Nacht wie bisher noch nie. 

 

Jamieson Bay 

 

9. - 11. März 2023:

 Nach 22 Stunden lassen wir in der Früh nach 107 Seemeilen in der einsamen Jamieson Bay auf dem Cape Barren Island, das zur Furneaux Gruppe gehört, den Anker fallen. Wir befinden uns in der Bass Strait zwischen Tasmanien und dem australischen Festland. Die Bucht ist wunderschön mit außergewöhnlichen, organisch anmutenden Granitfelsen, die zum Teil orangerot gefärbt in der Sonne leuchten und einem feinen, weißen Sandstrand mit ausgedehnten Sanddünen. Wir vermuten, dass die Farbe auf den Felsen durch Flechten verursacht wird.  

Wir unterhalten uns mit Tasmaniern, die mit einem Motorboot in unserer Nähe ankern und sind überrascht, alle kennen Österreich und waren zum Teil schon in Wien. Wir bekommen von ihnen einen frisch gefangenen Grey Fish geschenkt, das ist australisches Englisch für Lobster. Er schmeckt sehr gut, aber frischen Fisch ziehen wir vor.

 

Am 11. März verlassen wir bereits um 6:30 Uhr, kurz vor Sonnenaufgang, die Jamieson Bay. Es geht weiter in Richtung Norden zum Gabo Island, das unmittelbar vor dem australischen Festland liegt.  

 

Der Wind kommt wie vorhergesagt aus WSW bis W mit 12 bis 18 Knoten, keine Böen, relativ wenig Welle. Die Bass Strait meint es gut mit uns. Wir segeln mit Groß, Vorsegel und Code Zero zügig und entspannt dahin, endlich wieder optimale Segelbedingungen. Die Temperaturen sind spürbar höher als zuvor, was besonders in der Nacht für das Wohlbefinden ein großes Plus ist.  

Wir nähern uns wieder dem kontinentalen Australien. Unser Tasmanien-Abenteuer ist somit nach 6 Wochen zu Ende gegangen. 

 

  

Gabo Island

 

12. - 13. März 2023:

Nach 34 Stunden und 191 Seemeilen lassen wir am späten Nachmittag des 12. März in der winzigen, von Felsen umgebenen Barbara Bay, den Anker fallen. Während wir mit dem Ankern beschäftigt sind, tauchen für einige Minuten immer wieder einige Delphine unmittelbar vor dem Bug aus dem Wasser auf, heißen uns quasi willkommen.

 

Wir sind überrascht, wie unglaublich grün diese Insel ist, eine Wohltat für die Augen. Gabo Island ist sehr klein, ist nur durch wenige Wege erschlossen, besteht aus rosafarbenem Granit, der auch für den Bau des Leuchtturms und einiger Mauern verwendet wurde. Bis auf den Leuchtturm und einige assoziierte Gebäude gibt es hier nichts, vermutlich leben hier nicht mehr als eine Handvoll Menschen. Wir sind ganz allein.  

Wie sehr, sehr häufig in Australien ist auch hier ein Schiff untergegangen. Die Tasmanien-Karte ist übersäht mit Eintragungen 'historic wreck site' gefolgt von einer Jahreszahl und dem Namen des Schiffes. Die Schifffahrt war damals sehr verlustreich und wir können nachempfinden, wie schrecklich es für Mannschaft und Kapitän gewesen sein muss, an eine Felsenküste getrieben zu werden und dem sicheren Tod ins Auge  sehen zu müssen.

Während wir vor dem Leuchtturm stehen, hören wir Geräusche, die wir nicht zuordnen können, denken zuerst an menschliche Stimmen. Wir gehen um den Leuchtturm herum und stehen plötzlich vor  gewaltigen Klippen aus rosafarbenem Granit, an denen sich die tosenden Wellen brechen, belebt von einer Kolonie Seelöwen und Kormoranen. Es ist überwältigend.

Am 13. März zu Mittag legen wir von Gabo Island ab und segeln weiter Richtung Norden nach Eden, ungefähr 35 Seemeilen entfernt, da laut den Vorhersagen der Wind ab morgen nach Norden drehen soll. Die Insel gefällt uns sehr gut, aber mehrere Tage wollen wir nicht hier bleiben und auf günstigen Wind warten. Obwohl wir einen guten Windwinkel zwischen 70 - 90° und eine Windstärke um die 15 Knoten haben, machen wir mit Vorsegel und Code Zero wenig Geschwindigkeit. Die Wellen sind konfus, die See ist sehr rau und wir haben einen ziemlichen Gegenstrom, obwohl wir nahe unter Land segeln und der Südstrom 20 - 30 Seemeilen weiter draußen verläuft bzw. verlaufen soll. Wir müssen mit Motorunterstützung segeln, um halbwegs weiterzukommen, wir wollen, bevor es richtig finster wird in Eden sein.

 

Eden - Snug Cove 

 

13. - 16. März 2023:

Um 20:30 Uhr segeln wir nach 38 Seemeilen in die riesige Twofold Bay hinein. Es ist bewölkt und deshalb schon stockdunkel. Wir waren im Jänner bei der Fahrt Richtung Tasmanien bereits hier und kennen die Bucht. Einen Ankerplatz im Snug Cove zu finden ist leicht. Als wir die brechenden Wellen am Strand hören sind wir nahe genug, lassen den Anker hinunter und verbringen eine ruhige Nacht. 

 

Wir warten auf Südwind, um weiter Richtung Sydney segeln zu können. Von der Bucht und dem Ort Eden sind wir sehr angetan, so positiv hatten wir das gar nicht in Erinnerung. Grüne Hügel, schöne Sandstrände, Felsen und ein lebendiger Ort mit vielen Geschäften und Lokalen, wo wir sehr gut mehrmals zu Mittag essen. 

 

Am 16. März verlassen wir gegen 16 Uhr Eden und segeln die Ostküste hinauf Richtung Norden. Wir haben den vorhergesagten Wind aus Süd-Ost und kommen unter Vollbesegelung sehr gut voran. Gegen 21 Uhr dreht der Wind entgegen aller Prognosen auf Nord-Nord-West. Wir müssen die Segel bergen und kämpfen uns gegen 10-14 Knoten Wind auf die Nase unter Motor weiter. Es ist eine äußerst unruhige und unangenehme Nacht mit viel Dieselverbrauch. Erst gegen 3 Uhr früh dreht der Wind nach Süd-Ost und wir können wieder die Segel setzen. Der gesamte 17. März ist stark bewölkt, die Wolken hängen tief, der Himmel ist bleiern. 

 

Ulladulla

17. - 19. März 2023:

Wir sind froh, am Nachmittag nach 111 Seemeilen und 24 Stunden in den Hafen von Ulladulla hineinfahren zu können. Über Funk werden wir von der Marine Rescue gefragt, ob wir Probleme haben. Offensichtlich kommen sonst kaum 'fremde' Boote in den Hafen. Wegen der Fischerboote und den einheimischen Booten an Bojen finden wir keinen Ankerplatz in dem kleinen, durch Wellenbrecher gut geschützten Hafen.

 

Wir machen an der einzigen öffentlichen Boje fest, an der man für 24  Stunden liegen darf. Wir bleiben etwa 40 Stunden drauf, es wird schon niemand kommen.

 

Ulladulla ist für uns enttäuschend, ein Ort ohne Stimmung, mit vielen geschlossenen Geschäften, kaum Leute auf der Straße. Es ist sehr heiß.

 

Am 19. März legen wir am Vormittag von Ulladulla ab. Wolkenloser Himmel, moderater Wind aus der richtigen Richtung und eine nachfolgende Welle bereiten uns einen entspannten Segeltag. 

 

Jervis Bay

 

19. - 20. März 2023:

Nach 25 Seemeilen segeln wir in die riesige Bucht hinein und legen uns an eine von 5 öffentlichen Bojen, von denen drei besetzt sind. Die Bojen liegen bei einem wunderschönen Sandstrand. Wir verbringen eine ruhige Nacht.

 

Am 20. März in der Früh laden wir noch die aktuellen Wetterprognosen herunter. In 6 Prognosen ist der Wind für unsere Fahrt nach Sydney nie stärker als 20 Knoten und kommt immer aus SSO, also aus einer für uns günstigen Richtung.

 

Wir legen bei Nieselregen von der Boje ab, vorher setzen wir noch das Groß. Bei der Ausfahrt aus der Bucht erleben wir eine wilde Kap-Wirkung mit über 30 Knoten Wind und sehr hohen Wellen. Das Groß schlägt plötzlich um, die Segellatten brechen. In der Bucht war es total ruhig, weshalb wir den Bullenstander noch nicht gesetzt hatten. Jetzt sind wir ganz munter. Wir reduzieren das Vorsegel auf etwa 60%.

 

Die gesamte Fahrt Richtung Sydney ist unruhig, der Wind um die 20 Knoten von achtern, die nachfolgenden Wellen um die 4 Meter hoch. Wir überlegen, für die Nacht in einer Bucht stehen zu bleiben, finden nichts geeignetes am Weg und setzen die Fahrt fort. Wir kommen um 3 Uhr früh zur Einfahrt des Sydney Harbours. Es ist stockdunkel und bewölkt. Wir kreuzen vor der Hafeneinfahrt bis es hell wird und segeln dann in die Rose Bay. Nach sportlichen 107 Seemeilen lassen wir den Anker fallen.

 

Rose Bay - Sydney Harbour

 

21. - 25. März 2023:

Für den letzten  Abend unseres Aufenthaltes in Sydney buchen wir die Handa Oper 'Madame Butterfly'. Es ist der erste Abend der Freiluftaufführungen der Sydney Oper, die bis Juni keine Aufführungen im Opernhaus hat. Die Freiluftbühne ist am Rande des Botanischen Gartens, direkt am Wasser aufgebaut.

 

Mit etwas Sorge beobachten wir die Wolken. Immer wieder regnet es kurz und heftig, wir stellen uns auf eine Regenaufführung ein. Am späten Nachmittag fahren wir mit der Fähre zum Circular Quay, das Wetter sieht gut aus. Mit etwas Wehmut durchqueren wir ein letztes Mal den Botanischen Garten. 

Beim Abholen der Karten an der Abend-Kasse fragt Erwin, was 'Handa Oper' bedeutet und erfährt, dass ein Dr. Handa der Hauptsponsor der Veranstaltung ist. Auf Erwins Bemerkung, dass 'Handa' sehr prominent auf der Ankündigung und den Karten steht und Puccini sehr klein, bekommt er lachend zur Antwort "Dr. Handa is alive, Puccini is dead". Nicht wenige Besucher sind mit Smoking und langen Kleidern gekommen. Die Stimmung ist festlich. Wir genießen vor der Aufführung den Sonnenuntergang beim Buffett, beobachten Flughunde und laut kreischende weiße Kakadus, die über uns von Baum zu Baum fliegen. Wir sind bestens gestimmt, es ist ein wunderschöner Abend. Die moderne, spartanische Inszenierung passt zur Lokalisation, die Hauptdarsteller sind schauspielerisch und sängerisch hervorragend, es wird in italienisch gesungen.    

Am 25. März zu Mittag legen wir von der Rose Bay ab. Die Vorhersagen für unsere Route Richtung Norden sind alle durchgehend günstig. Vor dem Sydney Harbour treffen wir auf viele Segelboote mit ihren teuren Carbonsegel. Regatten finden hier sehr häufig statt.  

 

Am ersten Tag haben wir optimalen Wind aus Osten und Süd-Osten. Der Wind ist wesentlich stärker als in allen Prognosen vorhergesagt. Immer wieder regnet es, in den Böen ist der Wind deutlich über 20 Knoten, wir bergen den Code Zero und segeln mit Groß und Vorsegel weiter. In der Nacht vom 25. auf den 26. März dreht der Wind, einen Tag früher als vorhergesagt, zunehmend auf Norden, sodass wir mit Motorunterstützung segeln müssen. Eine Stunde vor unserem Ziel bergen wir bei bis zu 18 Knoten Wind von vorne die Segel und fahren die restlichen paar Seemeilen mit Motor weiter.   

 

Broughton Island

 

26.- 30. März 2023:

Am 26. März zu Mittag lassen wir nach 98 Seemeilen und 24 Stunden im Esmeralda Cove, einer relativ kleinen Bucht mit privaten Bojen für Fischerboote, den Anker fallen. Der Grund in der gesamten Bucht ist mit Felsen durchsetzt, was wir vorher nicht wussten, es gab keine Beschreibung von diesem Ankerplatz. Die Geräusche der Kette, wenn sie über den felsigen Grund schleift, hört sich nicht gut an. Durch den sich drehenden Wind verfängt sich die Ankerkette mehrmals bei Felsen und übt dann einen starken, ruckartigen Zug auf das Boot aus. Erwin lässt immer wieder Kette nach. Die Bucht ist sehr malerisch, die kleine Insel ein Naturparadies mit tausenden Muttonbirds und finkenähnlichen kleinen Vögeln, die sogar ins Cockpit fliegen, sowie grauen Reihern. Der felsige Untergrund verleidet uns den Ankerplatz.  

 

Am 28. März entdeckt Erwin am Dach einen braunen Seevogel. Zuerst vermuten wir, dass er tot ist, dann merken wir, dass er die Augen etwas öffnet. Erwin nimmt ihn vorsichtig mit beiden Händen und trägt ihn ins Cockpit. Nach Stunden hebt er seinen Kopf und beginnt, sich die Federn zu putzen, rührt sich aber sonst kaum. Es ist ein short-tailed shearwater, in Australien auch als Muttonbird bekannt. Dann sieht Erwin auf der untersten Heckstufe einen weiteren Muttonbird liegen, er ist tot. Sie sind in der Nacht gegen die Wanten oder gegen den Mast geprallt. Einer tot, der andere schwer geschockt, das ist traurig. Unser gefiederter Gast bleibt im Cockpit, schaut nur ein wenig herum, rührt sich sonst kaum. In der folgenden Nacht hören wir Aktivitäten im Cockpit, gehen in den Salon hinauf und sehen, dass der Kleine bereits an Deck ist und Flugversuche unternimmt. Er fliegt einige Meter und landet wieder auf dem Deck, sieht unverletzt aus. Wir legen uns wieder hin und hoffen, dass er in der Früh nicht mehr da ist und es geschafft hat wegzufliegen, das Ufer ist nicht weit. Auf der Insel gibt es, ähnlich wie auf dem Muttonbird Island in Coffs Harbour, tausende Erdhöhlen mit Nestern der Vögel. 

Erst für 30. März ist geeigneter Wind für die Weiterfahrt nach Norden vorhergesagt, allerdings nur für kurze Zeit, wir müssen daher zeitig in der Früh ablegen. Scott hat sich gemeldet, er liegt in Port Stephens, 10 Seemeilen hinter uns und wird ebenfalls am 30. März ablegen.  

Am 29. März am späten Nachmittag beschließen wir, den Anker aufzuholen und uns über Nacht an eine der privaten Bojen zu legen. Seit wir hier sind, sind einige frei geblieben, es wird niemanden stören. Es könnte sein, dass das Aufholen des Ankers Probleme macht und wir wollen in der Früh keine Zeit verlieren. Wir haben durch das notwendige oftmalige Nachlassen der Kette bei einer Wassertiefe um die 6 Meter inzwischen 90 Meter Kette unten, wissen nicht, ob sie sich verfangen hat. 

Wir benötigen für das Aufholen des Ankers 50 Minuten. Es ist eine Spielerei, geht aber sehr gut und wir sind froh, dass wir nicht hinuntertauchen müssen. Das Wasser ist kristallklar, aber etwas frisch.  

Am 30. März mit Sonnenaufgang um Punkt 7:00 Uhr legen wir Richtung Coffs Harbour ab. Außerhalb der Bucht sehen wir die Muskoka von Scott, er ist deutlich schneller unterwegs, hat in Küstennähe einen Nordstrom. Wir segeln näher zur Küste und kommen ebenfalls in den Nordstrom, wodurch wir etwa einen Knoten schneller sind. Der Himmel ist wolkenlos, der Wind ist schwächer als in den Vorhersagen. Wir segeln mit Groß, Vorsegel und Code Zero, werden eine Zeitlang von Delphinen begleitet. 

Gegen Mittag werfe ich zufällig, vielleicht habe ich auch eine Bewegung bemerkt, einen Blick in das Dinghy und erschrecke. Unter der Stufe schauen braune Federn hervor. Schon wieder ein Muttonbird! Er bewegt sich etwas, ist aber im Dinghy, auch wenn er unter der Stufe hervor könnte,  gefangen, weil ihm der Anlauf zum Fliegen fehlt. So können wir ihn nicht für eineinhalb Tage bis Coffs Harbour belassen, müssen ihn im Seegang unter der Stufe herausbekommen. Wir fragen uns, wie er in das Dinghy gekommen ist, das unter den Solarpaneelen am Heck aufgehängt ist. Wir lassen das Dinghy vorsichtig etwas hinunter, ziehen es Richtung Steuerbord, sodass es auf der untersten Heckstufe mit dem Bug aufliegt und fixieren es in dieser Position. Zum Glück sind die Wellen gutmütig. Erwin kniet sich hin und beugt sich in das Dinghy hinunter und kann den Muttonbird unter der Stufe herausholen, umschließt ihn dabei mit beiden Händen, sodass er die Flügel nicht bewegen und sich verletzen kann. Er ist sehr vital und beginnt sofort Erwins Unterarme mit seinem Schnabel zu bearbeiten, was ganz schön piekst aber rührend aussieht. Die Muttonbirds sind anmutige, schöne Vögel mit schokoladebraunem Gefieder. Erwin öffnet seine Hände und der Vogel sitzt kurz auf der unteren Heckstufe, ist dann sofort im Wasser, nimmt einen Anlauf und fliegt weg. Wir freuen uns sehr über die gelungene Rettung. Er wird seine Insel sicherlich wiederfinden. 

Am späten Nachmittag schläft der Wind komplett ein, wir bergen die Segel und fahren mit Motor weiter. Erst in der Nacht nimmt der Wind wieder zu und bleibt mit 15-20 Knoten bis zum 31. März zu Mittag erhalten, danach schläft er wieder ein.   

Um 18 Uhr fahren wir nach 35 Stunden und 157 Seemeilen auf hoher See in die Bucht vor der Marina hinein und legen uns an eine der zwei öffentlichen Bojen. In der Marina ist leider kein Platz frei.

 

Coffs Harbour

 

31. März - 6. April 2023:

Vor 4 Monaten, am 30. November 2022, haben wir von Neukaledonien kommend hier einklariert und drei Wochen in Coffs Harbour verbracht, bis wir endlich den notwendigen  Nordwind hatten, um nach Sydney segeln zu können. Jetzt warten wir auf Südwind, um weiter Richtung Norden zu segeln. Wir nützen die Tage für ausgedehnte Wanderungen. Besonders lohnend ist der Track entlang des Coffs Creek, der neben dem Wasser durch schattigen Urwald führt und von dem man auch direkt ins Ortszentrum gelangt, sowie der Besuch des riesigen Botanischen Gartens.     

Zeitig in der Früh, noch vor 7 Uhr, trainiert eine Gruppe Schwimmerinnen in der Bucht. Sie sind täglich im Wasser, unabhängig wie hoch die Wellen sind, ob es regnet oder nicht. Sie haben unsere Bewunderung. Kanus sind ebenfalls häufig um uns herum. Einmal gibt es ein Outrigger Race, das wir an der Boje liegend hautnah mitverfolgen.

Am 6. April legen wir um 7:00 früh ab. Der Wind kommt aus Süd-West und ist eher schwach, wird laut Vorhersagen im Laufe des Nachmittages wieder auf Norden drehen. Auf eine längere Südwindphase zu warten scheint uns zu unsicher, weshalb wir planen, bis Yamba zu segeln, das müsste sich bis zum Nachmittag noch ausgehen. Wir haben für den 14. April einen Haul Out in Coomera, das bereits in Queensland nahe Southport liegt gebucht und wollen ohne Stress, wenn nötig in Etappen, die etwa 160 Seeweilen hinaufsegeln. 

 

Wir segeln mit Groß und Vorsegel, Wind und die etwa zwei Meter hohen Wellen kommen von achtern. Der Wind dreht um 15:00 Uhr von Süd-West auf Ost-Nord-Ost und schläft dann ziemlich ein. Um noch bei Tageslicht in Yamba zu sein, nehmen wir einen, dann noch den zweiten Motor dazu. 

 

Um 17 Uhr sind wir vor der engen Einfahrt zwischen zwei Wellenbrechern und einer Sandbank. Dahinter liegt der große, geschützte Hafen mit dem am Clarence River liegenden Ort Yamba. Es ist das erste Mal, dass wir eine Einfahrt mit einer Sandbank haben, bis jetzt konnten wir solche Einfahrten vermeiden. Die Übertragung von der live Webcam, die den Bereich hinter den Wellenbrechern zeigt, überträgt ruhiges Wasser. Die Wellen vor der Einfahrt sind sehr hoch, wir haben das Gefühl, dass zwischen den beiden Wellenbrechern nicht sehr viel Platz ist, die tiefstehende Sonne blendet uns. Erwin fährt mit beiden Motoren mit Vollgas genau auf der empfohlenen Kurslinie durch, unser Kat wird von den seitlich kommenden Brechern herumgeworfen, es ist aufregend. Nach einigen Minuten sind wir durch und dahinter ist das Wasser ruhig und glatt.  

 

Yamba

 

6. - 8. April 2023:

Es ist eines der besten Gefühle, nach einer rauen See draußen in einen geschützten Hafen zu kommen und an einem ruhigen und schönen Platz zu ankern. Um 17:30 Uhr lassen wir nach 59 Seemeilen erleichtert den Anker fallen. Zwei Segelboote liegen in unserer Nähe. Immer wieder ziehen Delphine langsam an unserem Boot vorbei, wir sehen sie nur hin und wieder kurz auftauchen und hören ihr Schnaufen.    

 

8. April 2023:

Die Wettervorhersage ist günstig. Wir warten auf Stillwasser und legen kurz nach 10 Uhr vormittags  ab. Das Groß setzen wir noch am Anker, ohne Reff, da die Winde eher schwach vorhergesagt sind. Die Ausfahrt ist ganz problemlos. Je nach Dünung, Gezeiten, Windrichtung und Welle kann die Querung einer Sandbank gefährlich bis unmöglich oder aber auch ganz harmlos, wie heute, sein. 

Wir haben einen perfekten Segeltag. Keine Wolke am Himmel, halber Wind aus Süd-West, wenig Welle. Wir segeln mit Groß, Vorsegel und Code Zero. Gegen Abend wird die See sehr rau, der Wind legt, wieder einmal anders als vorhergesagt, kräftig zu. Wir bergen gerade rechtzeitig den Code Zero, entschließen uns auch noch für das 2. Reff im Groß, um eine halbwegs ruhige Nacht zu haben. Der Wind ist während der Nacht sehr variabel, einige Zeit unter 10 Knoten, dann wieder deutlich über 20 Knoten. Vor der Nacht zu reffen, war die richtige Entscheidung. 

 

Am 9. April in der Früh ist der Wind optimal und wir beschließen, noch nicht nach Coomera zur Marina für den geplanten Haul Out, sondern weiter die Küste hinauf zum North Stradbroke Island zu segeln. Während der Osterfeiertag ist in der Marina alles ruhig und wir könnten dort nicht viel tun. North Stradbroke Island soll landschaftlich sehr schön sein.

 

North Stradbroke Island

 

9. - 12. April 2023:

Nach 35 Stunden und 148 Seemeilen ankern wir in der Deanbilla Bay  nahe dem Ort Dunwich und der Anlegestelle der Fähren. Die Fähren sind weit genug weg, wir sind durch sie nicht gestört. Die Bucht ist riesig, noch drei weitere Segelboote liegen in unserer Nähe vor Anker.

 

North Stradbroke Island ist eine beliebte, ziemlich große Ferieninsel. Inselbusse verkehren zwischen der Anlegestelle der Fähren und dem nördlichsten Punkt der Insel und sind immer voll, vor allem mit sehr jungen Leuten in Strand-Outfit. 

 

Der North Gorge Walk, der beim Point Lookout, der Endstation des Inselbusses beginnt, ist ein Highlight. Wir wandern entlang der attraktiv zum Teil im Buschwald angelegten Boardwalks um das Kap herum. Wir sehen einige Kängurus, die offensichtlich Touristen gewohnt sind und sich beim Fressen nicht stören lassen, ein Känguru lässt sich sogar von einem Mädchen kurz streicheln. In Tasmanien wäre man nie so nahe an sie herangekommen. Die Ausblicke auf die kilometerlangen Sandstrände und die felsigen Küsten hinunter sind atemberaubend.

 

Es sind ein paar Tage zum Ausspannen, bevor die 'Crocodile' aus dem Wasser kommt, um sie für die Weiterfahrt nach Indonesien fit zu machen. Es war nicht einfach, eine Marina zu finden, die 7 Meter breite Boote aus dem Wasser holen kann. 

Am 12. April fahren wir nach Coomera zum geplanten Haul Out. Es sind etwas mehr als 34 Seemeilen, die wir in den verzweigten, um bebaute Inseln herumführende Wasserstraßen und im Coomera Fluss zurücklegen. In der Nähe von Coomera sind die Ufer auf beiden Seiten dicht mit stattlichen Villen, alle mit Bootsstegen, bebaut, nur ganz vereinzelt gibt es Wohngebäude mit mehreren Stockwerken, ebenfalls mit Bootsstegen. Auffallend ist, dass man in der freien Natur keine Palmen sieht, aber im Wohnbauland Palmen die bevorzugte Baumart ist. Alle Grundstücke haben eine doppelte Erschließung durch Wasserwege und durch Straßen. Wie die Abwasserentsorgung bei dem geringen Gefälle geregelt ist, wäre interessant. Jedenfalls möchte man hier nicht ins Wasser gehen, bietet sich auch wegen des regen Bootsverkehrs und der Strömungen nicht an. 

Coomera

 

Wir ankern, wie viele Boote, im Coomera Fluss vor der Marina. Es ist ein sehr schöner und ruhiger Ankerplatz für die nächsten zwei Tage. Wir treffen Jan und Jana, die einen Haul Out in der angrenzenden Marina haben und Scott, der ebenfalls in der The Boat Works Marina ist.

 

The Boat Works Marina

 

14. April - 3. Mai 2023:

Um 10 Uhr haben wir den Haul Out. Die Marina hat nur wenige Plätze im Wasser, das Hauptgeschäft sind Reparaturen und Wartungsarbeiten am Hardstand, auf dem hunderte Boote dicht gereiht nebeneinander stehen. Die Anzahl der Fachbetriebe am Gelände ist beeindruckend, sie sind über viele Wochen ausgebucht. Scott hatte schon im November die Professionisten für April gebucht. Um 6 Uhr früh wird mit den Haul Outs und Splashes begonnen. Am Hardstand herrscht Hochbetrieb, der Lärmpegel ist hoch.

 

Wir haben neben den normalen Wartungs- und Pflegearbeiten wie Erneuern des Antifoulings, Wachsen und Polieren der Gelcoatflächen, etc., etc., zwei Reparaturen zu machen. Bei einer Felsenberührung voriges Jahr in Fidschi wurde das backbordseitige Ruder und das backbordseitige hintere Eck des Rumpfes knapp oberhalb der Wasserlinie eingedrückt. Vom Ruder fehlen die unteren 15 cm, es war bis jetzt etwas eingeschränkt funktionsfähig. Es bestand allerdings die Gefahr, dass sich das Ruder durch den Wasserdruck vollkommen auflösen könnte, dann wäre es schon sehr schwierig, mit nur einem Ruder zu steuern. Der kleine Schaden am Rumpf war ohne Wassereintritt und ist lediglich optisch störend.  

 

Jan und Jana haben uns Graig, der seine Firma in der daneben liegenden Marina hat und mit dem sie sehr gute Erfahrungen gemacht hatten, wärmstens empfohlen. Er wird die Fiberglass-Reparatur am Ruder und die Gelcoat-Reparatur am Heck übernehmen, wir sind sehr erleichtert.    

 

Am 18. April kommen uns Heidi und Hannes am Hardstand besuchen. In Österreich hatten wir es nicht geschafft, uns zu treffen, dafür aber jetzt in Australien, wo sie mit einem Camper unterwegs sind. Heidi und Hannes sind im Juni 2019, im Zuge eines Südpazifik-Aufenthaltes, spontan mit uns von Tongatapu zum Vava'u Archipel gesegelt und wir hatten dort eine schöne Zeit miteinander.

 

Sie bringen jede Menge Köstlichkeiten zum Essen mit und wir genießen auf unserer 'Crocodile' ein ausgedehntes Abendessen, es gibt viel zu erzählen.   

 

28. April 2023: 

Wir könnten morgen, am Samstag, wieder ins Wasser. Leider ist das Ruder noch nicht fertig. Die letzten Tage hat es immer wieder geregnet, sodass nicht gearbeitet werden konnte. Seit gestern Nachmittag scheint zwar wieder die Sonne, aber erst seit heute 3 Uhr nachmittags wird wieder am Ruder weitergearbeitet, die Fiberglass-Arbeiten sind sehr aufwändig. Wir hoffen, dass wir am 3. Mai ins Wasser können. Ursprünglich war ein einwöchiger Aufenthalt am Hardstand geplant, jetzt sind es zweieinhalb Wochen geworden. Letztlich müssen wir froh sein, so kurzfristig eine Firma für die Reparaturen gefunden zu haben. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden, das Ruder sieht wie neu aus, ebenso das reparierte Eck am Heck.  

 

Das Wohnen im Boot am Hardstand ist zum Aushalten, ab 17 Uhr ist es ruhig. Die Anlage ist großzügig und gepflegt, im Tagespreis ist alles inkludiert, sogar ein Courtesy Car. 

 

3. Mai 2023:

Um 13:30 Uhr gehen wir wieder ins Wasser. Wir sind angespannt. Beim letzten Splash in Fidschi in der Vuda Marina hatten wir eine Felsenberührung, weil das Boot, noch dazu mit einer einfallenden Böe, nicht zum Steuern war. Dass ein Propeller in die falsche Richtung gedreht hatte, erkannten wir erst nach einigen Sekunden, da waren wir allerdings schon beim Felsen und es krachte fürchterlich. Diesmal wurden die Propeller von Erwin wieder gewartet und die Steigung der Propellerflügel verringert. Der falsch drehende Propeller wurde gerichtet. All good. 

3. - 6. Mai 2023:

Wir ankern wieder vor der Marina im Coomera Fluss. Es ist schön, wieder im Wasser zu sein und die Ruhe ist herrlich. Unsere 'Crocodile' sieht sehr gut aus, Edelstahl und Gelcoat glänzen in der Sonne um die Wette.   

Am 6. Mai in der Früh brechen wir zum Moreton Island auf. Die Insel liegt oberhalb vom Nord Stradbroke Island. Den ersten Teil der Strecke legen wir in den verzweigten Wasserwegen des Coomera Flusses zurück. Hier haben wir noch den Track vom Nord Stradbroke Island zur Marina, dem wir folgen können.   

Gegen Mittag im Main Channel trifft uns fast der Schlag. Vor uns sehen wir plötzlich eine elektrische Leitung, die sich über den Kanal spannt. Erwin sieht auf der elektronischen Karte einen Vermerk, klickt diesen an, es sind 20,3 Meter Höhe bei maximaler Flut für die Leitung angegeben. Wir haben eine Masthöhe von 19,95 Meter, derzeit ist 80 cm Flut. Erwin ändert den Kurs und fährt zu einem Mast und knapp neben diesem durch, da die Leitung in der Mitte durchhängt. Als wir das erste Mal hier gefahren sind, haben wir zwar die Masten, nicht aber die elektrische Leitung registriert und sind in der Mitte des Kanals durchgefahren, ebenfalls nicht bei Ebbe. Wir haben eine wichtige Information übersehen. Die Leitungen sind gegen den bedeckten Himmel kaum wahrnehmbar. Ein Glück, dass unser Mast nicht mehr als 20 Meter hoch ist, man kann nicht genug aufpassen.   

 

Moreton Island

 

6. - 7. Mai 2023:

Nach 57 Seemeilen kommen wir gegen 17 Uhr beim Moreton Island an und ankern bei den Tangalooma Wrecks. Die 15 Wracks, die hintereinander parallel zum Strand, die ersten in den 1960er Jahren, versenkt wurden, sind ein äußerst beliebtes Ausflugsziel und eine Touristenattraktion. Es ist Wochenende und schönes Wetter. Viele Besucher mit meist kleinen Motorbooten sind hier. Die Wracks sollen einerseits die Insel vor der Erosion schützen und bilden andererseits eine Art Hafen. Das Wasser ist kristallklar und bei den Wracks gibt es viele bunte Fische. Ursprünglich wollten wir hier ein bisschen schnorcheln, uns ist es aber viel zu überlaufen. Der Strand ist mehrere Kilometer lang und der Sand fein und sauber.  Hier ist das Ankern nur bei gutmütigen Bedingungen empfehlenswert.

Die Wettervorhersagen sind ungünstig, weshalb wir nicht länger, sondern nur über Nacht bleiben und am 7. Mai am frühen Nachmittag zur gegenüberliegenden Deception Bay segeln, die 15,5 Seemeilen entfernt ist. 

 

Deception Bay 

 

7. - 9. Mai 2023: 

Bereits beim Ankern beginnt es zu regnen und der Wind frischt auf, es blitzt und donnert.

Eine dichte Regenwolkenwand verdeckt das Moreton Island. Gut, dass wir nicht dort geblieben sind. Der 8. Mai ist verregnet, wir können nicht viel tun. 

 

Am 9. Mai verlegen wir uns innerhalb der Bucht, wo wir vor der Scarborough Marina liegen, weil drinnen kein Platz frei ist, zum 6,5  Seemeilen entfernten Ort Bongaree. 

Mit untergehender Sonne legen wir von Bongaree Richtung Fraser Island ab. Die ersten Stunden müssen wir mit Motorunterstützung segeln. Der Wind kommt zwar aus der richtigen Richtung, ist aber schwach. Vor uns, ziemlich auf unserer Route, segelt der  Katamaran Calypso, der wie wir von Bongaree gekommen ist. Es herrscht reger Verkehr von Cargo Schiffen.   

In der Nacht legt der Wind zu und wir segeln mit Groß, Vorsegel und Code Zero mit nachfolgender Welle angenehm dahin. Am 10. Mai im Morgengrauen legt der Wind deutlich zu, dreht und kommt nun direkt von achtern, weshalb wir den Code Zero bergen müssen. Die Calypso, die die ganze Zeit entweder vor oder hinter uns war, fährt in der Früh in die Wide Bay und ankert. Wir segeln durch die Wide Bay durch, um um 9 Uhr vor der Einfahrt der Great Sandy Strait zu sein, zwei Stunden nach Stillwasser und bei Einsetzen der Flut, so wie es im  Cruising Guide "Cruising the Coral Coast" empfohlen wird. Die Great Sandy Strait ist ein mehr als 40 Seemeilen langer, attraktiver Wasserweg zwischen dem Festland und der Westseite des Fraser Islands. Wir sind zu diesem Zeitpunkt da, sehen aber vor der Einfahrt in den Wasserweg über eine Breite von hunderten Metern nur hohe Brecher. Völlig ausgeschlossen, da durchzufahren, viel zu riskant. Wir können unmöglich in die Great Sandy Strait hineinfahren.

 

Wir müssen die wesentlich längere Route entlang der Ostseite von Fraser Island segeln. Das entwickelt sich zunehmend als sehr hart. Der Wind zwischen 25 bis 32 Knoten kommt von achtern, die Wellen von seitlich-achtern und sind um die drei Meter hoch, die See ist sehr rau, es regnet immer wieder. Zwei Segellatten im Groß brechen. Wir bergen das Groß und segeln nur mit Vorsegel, machen 6 - 7 Knoten Geschwindigkeit.

 

Am Fraser Island wollen wir nicht vorbeifahren. Es ist die größte Sandinsel mit der höchsten Düne weltweit und als UNESCO Weltnaturerbe gelistet. Oberhalb des nördlichen Endes der Insel befindet sich allerdings ein langer, nicht passierbarer Korallenbereich, sodass wir etwa zusätzliche 70 Seemeilen bei der Umrundung der Nordspitze der Insel segeln müssen.

 

In den Stunden nach Mitternacht entlang der Westseite des nicht passierbaren Korallenbereiches, praktisch in der Gegenrichtung, haben wir bis zu 33 Knoten Wind auf die Nase und eine seitliche Strömung. Wir bergen das Vorsegel und fahren mit beiden Motoren fast Vollgas und machen trotzdem nur 2 - 3 Knoten Geschwindigkeit Richtung Ziel. Es dauert ewig lange.

 

Fraser Island 

 

11. - 16. Mai 2023:

Nach 205 Seemeilen und 37 Stunden kommen wir zeitig in der Früh an der Nordspitze von Fraser Island an und sind erleichtert, den Anker fallen lassen zu können, noch dazu mit Blick auf eine sehr imposante Düne. 

Der Ankerlatz ist ziemlich rollig, weshalb wir am 12. Mai zum besser abgeschirmten Lagoon Anchorage in der Platypus Bay segeln. Der flache Sandstrand ist wunderschön, das Wasser nicht zu kalt. Leider ziehen immer wieder Regenwolken auf, sodass wir keine ausgedehntere Wanderung machen wollen. Die seit ein paar Tagen und Nächten immer wieder plötzlich auftretenden Regenschauer sind heftig und nerven.   

Die kritische Situation vor der Einfahrt in die Great Sandy Strait ist nicht spurlos an uns vorübergegangen und beschäftigt uns immer noch. Wir dachten, dass wir durch die Informationen im Cruising Guide 'Cruising the Coral Coast' optimal vorbereitet sein würden. Wir haben zwar richtig reagiert und haben nicht versucht durchzufahren, unser Fehler war aber, dass wir nicht in unseren zweiten Cruising Guide 'Cruising the Queensland Coast' hineingeschaut haben, der völlig andere Empfehlungen gibt: Einfahrt in die auf den ersten 5 Seemeilen sehr gefährliche Wasserstraße eine halbe Stunde vor Hochwasser und nur bei hoher Flut und einer Wellenhöhe unter 1.5 Metern. Nach diesen Empfehlungen wäre die Sandy Strait gar nicht, auch nicht in den nächsten Tagen, passierbar gewesen (hohe Flut erst gegen Mitternacht und zu hohe Wellen).   

Am 14. Mai nach dem Frühstück segeln wir die Platypus Bay entlang weiter zum Coongul Point. Der Ankerplatz liegt etwa 15 Seemeilen vom Ort Hervey Bay, der gegenüber vom Fraser Island am Festland liegt, entfernt und wir hoffen, hier Internet zu haben. Es sind zwei sehr angenehme Stunden, die wir mit Vorsegel und Code Zero mit halbem Wind und kaum Welle segeln.  Am Ankerplatz Coongul Point haben wir tatsächlich Internet und wir können dringende E-Mails erledigen.   

Am 16. Mai beschießen wir, die 35 Seemeilen wieder zurück zur Nordspitze vom Fraser Island zu segeln, dort zu übernachten und dann weiter zum Lady Musgrave Island zu segeln. Fraser Island wie geplant zu erkunden, ist nicht möglich, es regnet ständig und soll auch die nächsten Tage so bleiben. Wir sind sehr enttäuscht.   

Die ersten Stunden segeln wir mit Süd-Süd-West Wind zügig Richtung Norden, dann dreht der Wind immer mehr Richtung Westen und nimmt am späten Nachmittag auf bis zu 25 Knoten zu, die Wellen werden höher. Es ist nur eine Welle, die über das Boot geht, leider auch in das Boot hinein, weil zwei Luken offen sind. Meine Bettseite, die offene Handtasche mit Geldbörse, Bücher, etc. sind nass. Wir ärgern uns, am meisten über uns selbst, weil wir die Luken offen gelassen haben.  

Bei der Nordspitze um 18 Uhr, es ist bereits finster, ist für uns klar, dass wir hier nicht über Nacht ankern können. Der Ankerplatz ist nach Westen offen, die Wellen hoch. Wir nehmen Kurs auf die etwa 65 Seemeilen entfernte Insel Lady Musgrave.  

Die Fahrt ist den Umständen entsprechend erträglich. Wir haben eine trockene Bettseite zum abwechselnd Schlafen, der Wind schwächt sich im Laufe der Nacht ab und die Wellen lassen nach. In der Früh, nach 100 Seemeilen, ankern wir vor der Insel und warten auf Stillwasser, um in die Lagune hineinzufahren. 

 

Lady Musgrave Island 

 

16. - 19. Mai 2023:

Die Insel mit Atoll liegt im Capricornia Cays Nationalpark am Great Barrier Reef. Der Korallensaum, der die Lagune umgibt, ist bei Ebbe deutlich zu sehen, bei Flut sieht man nur sich brechende Wellen.  

Um 12 Uhr fahren wir durch den 300 m langen und 45 Meter breiten künstlichen Kanal in die Lagune hinein. In der Lagune, die eher seicht ist, stehe ich vorne am Bug und achte auf die Korallenköpfe, die ich im kristallklaren Wasser deutlich sehe, gebe Erwin Zeichen, damit er rechtzeitig ausweichen kann. Wir ankern im Sandboden zwischen den Korallenköpfen. Wir sehen vor allem kleine, bunte Fische, Schildkröten und Rochen. 

Nach den enttäuschenden Tagen beim Fraser Island haben wir das Gefühl, in einem Naturparadies angekommen zu sein. Sonne, ein paar Boote und unberührte Natur. Segeln kann auch sehr schön sein. 

Eine große Überraschung ist die kleine Insel. Sie ist dicht bewaldet und von einem Korallenstrand umgeben. Da die Insel Nationalpark-Status hat, gibt es Informationstafeln und ausgeschilderte Wege durch den gesamten Urwald. Beim Hineingehen werden wir von herumfliegenden Vögeln und einem lauten Vogelstimmengewirr überrascht. Wir schauen auf die Bäume und entdecken unzählige Nester und Vögel. Die Insel wird von zigtausenden Black Noddies, einer mittelgroßen Seevogelart mit schwarzem Gefieder und weißer Kappe, bewohnt. Manche der Black Noddies erleiden ein trauriges Schicksal. Die Pisonia-Bäume, auf denen sie ihre Nester bauen, sondern mit ihren Samen ein klebriges Harz ab, wenn die Vögel diesen Samenständen zu nahe kommen bzw. in ihnen landen, kleben sie fest und müssen verhungern.  

Den Lebensraum teilen sich die Noddies mit den Shearwaters, die wir von Coffs Harbour und Broughton Island kennen. Letztere haben wir zwar keine gesehen, der Waldboden ist aber voll mit Erdlöchern, in denen sie ihre Nester haben.

 

Bei Stillwasser verlassen wir am 19. Mai in der Früh Lady Musgrave und segeln Richtung Festland. Wir haben in der Gladstone Marina ab dem 20. Mai einen Platz reserviert. Vorhergesagt ist wenig bis kein Wind. Wir haben optimalen Wind für den Code Zero bis 20 Knoten, der sich erst am späten Nachmittag abschwächt. Nach einem angenehmen, sonnigen Tag auf See ankern wir nach 50 Seemeilen in der einsamen Rodds Bay und verbringen eine ruhige Nacht. 

 

Am 20. Mai nehmen wir die letzten 25 Seemeilen bis zur Marina in Angriff.

 

Gladstone Marina

 

20. Mai - 1. Juni 2023:

Jan und Jana haben von der Marina geschwärmt, sie haben nicht übertrieben. Sie liegt sehr schön in einem großen Park, auch sonst ist alles perfekt. Wir wollten ursprünglich nur einige Tage bleiben, um eine Reparatur vorzunehmen. Der Steuerbordmotor verliert schon seit einiger Zeit Öl, dort, wo die Ölwanne an den Motorblock angeschraubt ist. Ein Anziehen der Schrauben hat keinen Erfolg gebracht. Die Dichtung der Ölwanne ist zu erneuern, angeblich ein sehr seltener Fehler. Eine Werkstätte würde dazu den Motor herausheben, da die Verschraubungen der unter dem Motor sitzenden Ölwanne sehr schwer zugänglich sind. Daher will Erwin es selbst machen. Es gelingt, die 20 Schrauben, mit denen die Ölwanne angeschraubt ist, zu lösen, eine neue Dichtung anzubringen und die Ölwanne wieder anzuschrauben. Leider tropft danach die Ölablassschraube. Erwin versucht, die Schraube stärker anzuziehen, überdreht dabei und die Gewinde der Schraube und der Ölwanne sind kaputt. Eine Ölwanne, die Ablassschraube und Beilagscheiben sind bestellt. Die Ersatzteile kommen zum Teil aus Sydney und aus Brisbane.  

Zum Glück können wir hier ausgedehnte Spaziergänge machen. Der Park ist ein Vogelparadies. Das Rufen der Vögel und ihre Laute hört man den ganzen Tag. Es ist erstaunlich, was sie aus ihrem Stimmorgan hervorbringen können. Manche Lautsequenzen sind unglaublich melodisch und fast schon meditativ. Beim Frühstück im Cockpit genießen wir das ganz besonders.  

31. Mai 2023: 

Die bestellten Ersatzteile sind in der Früh da, das funktioniert bei Volvo sehr gut. Erwin verbringt Stunden im Motorraum eingezwängt und kann die Montage der Ölwanne wie geplant durchführen. Sie ist dicht, große Erleichterung.     

1. Juni 2023:

Um 15:30 legen wir von der Marina ab. Unser nächstes Ziel ist das Great Keppel Island. Wir wählen die Route über die Narrows, ein Flachwassergebiet, das zwischen dem Festland und dem Curtis Island liegt und in der Mitte etwa über einer Länge von 4 Seemeilen bei Ebbe trocken fällt. Diese Route ist um 8 Seemeilen kürzer, wenn man Richtung Norden unterwegs ist. Die Narrows schließen an den Gladstone Harbour an und sind nur bei Flut passierbar, wenn die Wassertiefe nicht unter 1.5 Meter + Tiefgang ist. Wir haben die Route so geplant, dass wir in den Narrows übernachten und in der Früh bei Flut den niedrigen Bereich passieren.    

Nach zwei Stunden Fahrt durch glattes Wasser mit nachfolgendem Strom ankern wir am Ankerplatz Black Swan und verbringen eine ruhige Nacht. Gottseidank ohne Moskitos und die noch unangenehmeren Sandmücken. An manchen Tagen soll hier die Hölle wegen dieser Plagegeister sein.  Am 2. Juni durchqueren wir zwischen 7:30 und 9:00 Uhr den kritischen Bereich der Narrows bei hoher Flut von 3.60 Meter. Eine sehr friedliche und schöne Fahrt, die minimale Wassertiefe ist knapp unter 3 Meter.         

Mit keinem bis wenig Wind fahren wir zum Great Keppel Island, wo wir am frühen Nachmittag nach insgesamt 50,6 Seemeilen in der Svendsens Bay an der Nordseite der Insel den Anker fallen lassen. 

 

Great Keppel Island  

 

2. - 4. Juni 2023:

Die Bucht ist mit 13 Segelboten gut besucht. Great Keppel Island ist nicht weit vom Festland entfernt und wird  von einer Fähre und von Ausflugsbooten angefahren. In den 80er Jahren galt sie als beliebte Party-Insel. Heute wird sie zum Erholen, Buschwandern und zum Schnorcheln besucht.  Die unberührten Strände, insgesamt 17, zählen zu den schönsten von Queensland. Die höchste Erhebung, der Mount Wyndham, ist ganze 174 Meter hoch. 

Auf unserer Buschwanderung entdecken wir einen jungen, ganz lieben Ameisenigel. Er ist scheu und kaum bemerkt er uns läuft er nicht weg, sondern nimmt seine igeltypische Verteidigungsstellung ein und man sieht nur mehr die Stacheln.  

An Stellen mit Aussicht sind  Rastmöglichkeiten mit jeweils zwei grünen Plastiksesseln bereitgestellt. Sie passen so gar nicht in den Buschwald. Weil sie aber schon da sind, nützen wir sie auch.  

4. Juni 2023:

Um 7:45 Uhr in der Früh verlassen wir Great Keppel Island und segeln weiter Richtung Norden. Die See ist sehr rau, es regnet immer wieder, in den Böen haben wir Windspitzen von 30 Knoten, im Groß ist das 2. Reff. Nach 8 Stunden und 47,3 Seemeilen ankern wir in der Pearl Bay auf der Halbinsel Range. Es ist ein sehr schöner, idyllischer Ankerplatz, leider ziemlich rollig. Auch in der Nacht regnet es immer wieder.  

5. Juni 2023: 

Um 9 Uhr früh hört es endlich auf zu regnen und wir legen nach einem ausgiebigen Frühstück von der Pearl Bay ab. Als nächstes steuern wir das Middle Island in der Persey Group an. Der Wind mit bis zu 20 Knoten kommt von achtern, die Wellen mit kurzen Intervallen unangenehm von der Seite. Im Laufe des Vormittags werden die Wellen angenehmer, kommen immer mehr von achtern und die Sonne lässt sich zeitweise blicken, sodass es noch ein angenehmer Segeltag wird. 

In der Inselgruppe, fast schon am Ziel, haben wir Gegenstrom von 1.5 - 2.5 Knoten. Sonnenuntergang ist um 17:33 Uhr, unsere ETA verschiebt sich zunehmend nach hinten, sodass wir trotz guter Windverhältnisse Motorunterstützung benötigen, um nicht bei völliger Dunkelheit anzukommen. Wegen des Regens in der Früh sind wir zu spät aufgebrochen, die eine Stunde fehlt uns jetzt.    

 

Middle Island - Persey Group  

5. - 6. Juni 2023:

Mit gerade noch ausreichender Sicht lassen wir um 18:00 Uhr nach 56 Seemeilen in der West Bay den Anker fallen. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig, dass die Sonne so früh untergeht. Bis zu einer halben Stunde nach Sonnenuntergang sieht man noch halbwegs, danach wird es rasch stockdunkel. 

Die Bucht ist wunderschön, ebenso der feine Sandstrand. In der Inselgruppe leben nur wenige Menschen, die bekannt seglerfreundlich sind. Sie unterhalten den am Strand befindlichen 'Yachtclub', wo sich Yachten, die die Insel besuchen, verewigen können, viele tun das auch. Man kann auch gegen eine Spende die Mitgliedschaft  des Yachtclubs erwerben. Einige Gläser Honig und Säfte sind im Yachtclub aufgestellt, die man kaufen kann. Wir kaufen einen Honig, bei den Säften können wir nicht herausfinden, woraus sie gemacht sind und wir verzichten lieber darauf.   

Am 6. Juni um 16:30 Uhr legen wir von der West Bay ab. Wir wollen die Nacht durchsegeln, um in der Früh bei den südlichen Whitsunday Inseln zu sein. 

Der Whitsunday Archipel besteht aus 74, meist unbewohnten Inseln vor der Ostküste Australiens in der Coral Sea und soll angeblich der schönste Bereich im Great Barrier Reef Marine Park sein. Die bewaldeten, meist hügeligen Inseln sind von weißen Sandstränden umgeben, davor Korallengärten mit Schwärmen von tropischen Fischen. Die Korallenbleiche ist hier noch kein Problem. Alle, mit denen wir unterwegs gesprochen haben, nicht nur Segler, haben von den Whitsundays geschwärmt. Unsere Vorfreude ist groß. 

Bevor wir ablegen, laden wir noch die Wetterprognosen herunter. Alle 6 Prognosen sind sich einig, der Wind wird 16 Knoten nicht übersteigen, Windböen bis maximal 24 Knoten, Regen minimal, Wind aus SW bzw. SSW. Wir erwarten eine ruhige Nachtfahrt. Wir legen ab, setzen vorher noch am Anker das Groß mit dem 2. Reff. Kaum sind wir aus dem Windschatten der Insel heraus, legt der Wind schon kräftig zu. Über lange Stecken segeln wir mit 7 bis 9 Knoten dahin. Der scheinbare Wind auf dem Boot ist zwischen 20 und 30 Knoten und kommt von achtern, dazu kommt dann die  Bootsgeschwindigkeit. Der wahre Wind ist somit häufig 30 bis 40 Knoten, also zumindest doppelt so hoch wie die Vorhersagen. Immer wieder regnet es sehr stark. Wir reduzieren das Vorsegel. Die Wellen kommen auch von achtern und sind manchmal beeindruckend hoch. Wir sind froh, dass wir Vollmond haben und es beim Hinausschauen nicht komplett schwarz ist. Wir erreichen einmal mit 11.2 Knoten unsere höchste Geschwindigkeit. Sie wird jeweils über 10 Sekunden gemittelt. Wir sind so schnell, dass wir Sorge haben, dass wir diesmal zu früh, d.h. vor Sonnenaufgang, an unserem Ziel sein werden. Wir sind angespannt und bleiben beide die ganze Nacht wach. Tatsächlich erreichen wir genau zum Sonnenaufgang unser Ziel. Unsere durchschnittliche Geschwindigkeit war 7 Knoten, wir haben etwas über 97 Seemeilen zurückgelegt und dafür 14 Stunden gebraucht. 

 

Goldsmith Island

 

7. - 8. Juni 2023:

Eines der besten Gefühle beim Segeln ist, wenn man nach einer rauen Überfahrt in eine ruhige Bucht einfährt. In der Bucht spürt man zwar noch den Wind, aber es gibt kaum Wellen. Wir ankern, frühstücken und legen uns hin. Nach so einer Nacht ruhig und sicher schlafen, das ist eine Wohltat. 

 

Nachdem wir 26 Stunden ausgespannt und die malerische Umgebung genossen haben, legen wir am 8. Juni in der Früh ab. Wir wollen in der Bauer Bay beim South Molle Island anlegen, weil dort ein guter Internet-Empfang beschrieben ist und wir schon seit Tagen ohne Internet sind. Die Inselgruppen, in denen wir zuletzt gesegelt gesegelt sind, sind zu weit vom Festland entfernt. 

 

Wir haben optimale Bedingungen und erfreuen uns an dem ruhigen Dahinsegeln in der Whitsunday Passage. Hier sind deutlich mehr Segel- und Motorboote unterwegs als auf der Fahrt vom Süden hierher, Cargo Schiffe sehen wir dafür keine.    

  

South Molle Island

 

8. - 9. Juni 2023:

Nach 31,6 Seemeilen lassen wir am Nachmittag in der Bauer Bay den Anker fallen. Den im Cruising Guide versprochenen Internet-Empfang gibt es zwar nicht, aber zumindest funktioniert das Telefon. Die Bucht ist ziemlich frequentiert, auch von größeren Schiffen mit Tagesgästen, die die Bucht glücklicherweise noch vor Sonnenuntergang verlassen. 

 

Auf der Insel, die als Nationalpark ausgewiesen ist, gibt es einige sehr attraktive Wanderwege. Wir wandern durch den Buschwald und über Wiesenwege zum Spion Kop Lookout hinauf, von wo wir einen fantastischen Blick auf die Bauer Bay und unsere 'Crocodile' sowie auf die umgebenden Inseln haben.     

9. Juni:

Zu Mittag verlassen wir die Bauer Bay und segeln zum Festland hinüber, es sind nur 10,6 Seemeilen. Wir haben für drei Tage einen Platz in der Coral Sea Marina in Airlie Beach gebucht. Wieder haben wir optimale Segelbedingungen.  

 

Coral Sea Marina - Airlie Beach

 

9. -12. Juni 2023:

Um 14 Uhr legen wir am Steg in der eleganten Coral Sea Marina an. Sie ist nur wenige Gehminuten vom Ort Airlie Beach entfernt, der im Lonely Planet quasi als Tor zu den Whitsundays beschrieben wird. Der Ort besteht praktisch nur aus Tourenanbietern und Lokalen, die mit Touristen überfüllt sind und in denen es viel zu laut ist. Wir haben uns mehr erwartet und ziehen das Ambiente der Lokale in der Marina dem Trubel vor.   

12. Juni 2023:

Wir haben für 10:00 Uhr einen Slot am Fuel Dock reserviert und nachdem wir Diesel und Benzin getankt haben, verlassen wir die Marina. Unser nächstes Ziel ist das Whitsunday Island, die größte Insel im Whitsunday Archipel. 

 

Cid Harbour

 

12. - 14 Juni 2023:

Nach 12 Seemeilen sind wir im Cid Harbour, der an der Westseite vom Whitsunday Island liegt. Es ist ein großer, gut geschützter Hafen, der bei Seglern sehr populär ist. Auch heute ist der Ankerplatz mit 10 Segelbooten gut besucht. Wir liegen alle vor dem Sawmill Beach, ins Wasser darf man leider nicht, weil es mehrere Haiattacken gegeben hat.

 

13. Juni:

Für heute haben wir uns den 434 Meter hohen Whitsunday Peak vorgenommen. Der Track führt vom Sawmill Beach über Steinstufen durch den Buschwald hinauf zum Gipfel, von dem man einen sehr schönen Rundblick hat. Den Track anzulegen, muss eine unglaubliche Arbeit gewesen sein, vor allem die vielen Steine hinauf zu schleppen und zu bearbeiten.

 

Obwohl wir meist im Schatten gehen, schwitzen wir wie schon lange nicht. Der Weg zieht sich unendlich, aber Aufgeben ist für uns keine Option. Nach zweieinhalb Stunden sind wir endlich oben angelangt. Der Ausblick über die Whitsunday Inseln ist trotz vieler Wolken wunderbar. 

Am nächsten Tag nach dem Frühstück segeln wir zum berühmten, weil besonders weißen, Whitehaven Beach an der Nordostseite des Whitsunday Islands. Zeitweise haben wir Gegenstrom und Verwirbelungen, was dadurch bedingt ist, dass gewaltige Wassermassen bei den Gezeiten zwischen den hier relativ nahe beieinander liegenden Inseln hindurch müssen. Die gefährliche Solway Passage passieren wir bei Stillwasser und es ist völlig harmlos.

 

Whitehaven Beach

 

14. - 15. Juni 2023:

Zu Mittag lassen wir vor dem Whitehaven Beach den Anker fallen. Auch hier wandern wir zum Lookout hinauf, es ist ein netter Spaziergang durch den Buschwald.   

Vom Whitehaven Beach kommend segeln wir drei Stunden weiter in nördlicher Richtung zum Hook Island, der zweitgrößten Insel im Whitsunday Archipel.