12. März 2025:
In der Früh legen wir ab. Die Heckleinen sind noch in situ und aufgrund der Windstille ist es für mich einfach, die beiden Taue backbord- und steuerbordseitig vorne von den Pollern herunterzubekommen, dann löst Erwin die Heckleinen und wir fahren aus dem engen Liegeplatz hinaus.
Noch in der riesigen Chaguaramas Bay setzen wir Groß und Vorsegel. Der Wind mit 15+ Knoten kommt aus Ost, die Welle von der Seite. Die Sonne scheint, es ist sehr warm und nach drei Monaten sind wir endlich wieder auf See, ein gutes Gefühl.
In der Nacht dreht der Wind etwas auf Nord (ENE), die Strömung nach Westen macht sich bemerkbar, wir müssen einen Motor dazunehmen, um der seitlichen Abdrift entgegenzuwirken. Die Windwinkel sind zwischen 45 und 55 Grad, die Geschwindigkeit entsprechend bescheiden. Bis auf wenige Cargo-Schiffe tut sich in der vom Vollmond erhellten Nacht wenig.
Erst am zweiten Tag zu Mittag dreht der Wind auf Ost-Süd-Ost, nach wie vor benötigen wir wegen der Abdrift eine Motorunterstützung.
An der Backbordseite segeln wir an Grenada, Carriacou, Union Island, den Tobago Cays und St. Lucia vorbei. Inseln, die wir 2017 besucht hatten und mit denen wir viele positive Erinnerungen verbinden.
Ab der Nacht vom 13. auf den 14. März können wir mit einem Windwinkel um 90° segeln und machen gute Geschwindigkeit bis maximal 7,3 Knoten, die See ist ruhig mit wenig Welle.
14. März - 24. April 2025
14. März:
Um 8:45 Uhr bergen wir die Segel, fahren in die Bucht Cul-de-Sac de Marin hinein und ankern nach 244 Seemeilen und zwei Tagen und Nächten in der Nähe des Ortes Sainte-Anne im Süden der Insel. Es liegen sehr viele Segelyachten vor Anker, Platz ist kein Problem, die Bucht ist riesig. Ein breiter Bereich entlang des Ufers ist Ankerverbotszone, die Strände und das Wasser davor werden dadurch von den Booten nicht gestört, schauen sehr einladend aus, sind auch nicht überlaufen. Der Ankerplatz ist perfekt, das Wasser hat ein wunderschönes Azurblau und ist sehr sauber, es findet ein regelmäßiger Austausch mit dem Atlantik außerhalb der Bucht statt. Beim Ort Sainte-Anne erspähen wir einen langen Dinghy-Steg, das ist sehr angenehm.
Martinique gehört zu den Kleinen Antillen, einer Vulkankette, die das Karibische Meer vom Atlantik abgrenzt. Die Inseln reihen sich in einem großen Bogen aneinander. Martinique liegt zwischen St. Lucia im Süden und Dominica im Norden. Martinique ist die zweitgrößte Insel der Kleinen Antillen, sie ist französisches Überseegebiet und Teil der Europäischen Union, man zahlt mit Euro, die Amtssprache ist Französisch, die Einheimischen sprechen bevorzugt Créole. Martinique hat etwa 350.000 Einwohner, 76.000 davon leben in der Hauptstadt Fort-de-France. 80% der Bevölkerung ist afrikanischer Abstammung, 5% europäischer Herkunft. 85% der Bevölkerung sind römisch-katholisch, 10,5% protestantisch.
Es gibt mehrere Vulkane auf der Insel, der letzte Ausbruch des 1397 m hohen aktiven Montagne Pelée im Nordwesten der Insel liegt schon lange zurück, er geschah am 8. Mai 1902. Die frühere, sehr wohlhabende Hauptstadt Saint-Pierre wurde durch einen pyroklastischen Strom komplett zerstört, 30.000 Menschen sind dabei umgekommen. Dem großen Ausbruch sind mehrere kleine Ausbrüche vorangegangen, aber man entschloß sich zu bleiben, eine Evakuierung der Bevölkerung wäre mit den damaligen Mitteln auch sehr schwierig gewesen. Im Norden der Insel findet man eher die schwarzen Vulkanstrände, im Süden dominieren Strände mit feinem, goldgelb-weißem Sand.
15. März:
Wir fahren mit dem Bus von Sainte-Anne nach Le Marin und besorgen bei Digicel SIM-Karten für Telefon und Daten. Den restlichen Tag verbringen wir in Sainte-Anne.
Sainte-Anne ist ein kleiner Urlaubsort mit viel französisch-dörflichem Flair. Beim Anblick der Köstlichkeiten in der Boulangerie und im Carrefour Express sind wir bereits in Hochstimmung. Es ist schön hier.
Einklariert wird in einem kleinen Lokal, das macht der Wirt als Nebenjob und bekommt für die Administration 5 Euro. Stempel in den Pass bekommen wir keinen, da wir praktisch in Europa sind.
19. März:
Wir haben uns in die Marina du Marin, die sich ziemlich am Ende der tiefen Bucht Cul-de-Sac de Marin befindet, verlegt. Wir benötigen ein Service des Wassermachers, das in Trinidad nicht möglich war. In der Marina liegen viele französische Katamarane, dementsprechend sind die Betriebe hier mit den Geräten der Boote vertraut. Generell haben wir einen sehr positiven Eindruck, was Reparaturmöglichkeiten, Ersatzteile und Auswahl an Bootsbedarf anlangt. Wir haben in Trinidad einen stärkeren Inverter gesucht, der eingeflogen hätte werden müssen, hier ist er lagernd (Victron Smart 12/3000 als Ersatz für den 12/2000).
Die Marina, es ist die einzige im Süden der Insel, hat 750 Liegeplätze und ist voll. Wir haben einen Platz bis 25. März bekommen und hoffen, dass wir bis dahin das Wassermacher-Service bekommen. Kontakt zu einem Techniker haben wir bereits, aber noch keinen Termin. Alle sind ziemlich ausgelastet.
Endlich kann ich auch wieder den Miele Waschtrockner verwenden. In den Marinas in Südamerika war das nicht möglich, dort gibt es nur 60 Hz-Strom, was von den Geräten größtenteils problemlos toleriert wird, nicht aber von den meisten europäischen Waschmaschinen, die benötigen 50 Hz.
22. März:
Wir wollen auf das Wassermacher-Service nicht mehr warten. Der Wassermacher produziert keinen Output und Erwin vermutet, dass die Membranen verbraucht sind, da es immer länger gedauert hat, bis das grüne Licht aufgeleuchtet hat, das die gute Qualität des produzierten Wassers anzeigt. Membranen sind in der Chandlery verfügbar. Der Wassermacher ist ein recht komplexes Gerät, aber mit YouTube Videos, Anleitung des Herstellers, viel Schweiß und Sorgfalt kann Erwin die alten Membranen aus- und die neuen einbauen. Dabei sind gut ein Dutzend Dichtungsringe zu erneuern, die vorher sorgfältig mit Vaseline eingefettet werden. Dann schaltet Erwin den Wassermacher ein: alles ist dicht und nach kurzer Zeit leuchtet das grüne Licht auf und Trinkwasser sprudelt aus dem Schlauch. Es war nicht ganz einfach. Wir sind happy, Problem gelöst, viel Zeit und einiges Geld gespart!
Der Erfolg mit dem Wassermacher wirkt so motivierend, dass Erwin anschließend auch noch den neuen Inverter (Victron Smart 12/3000) einbaut. Wenn Erwin mit Strom arbeitet, bin ich immer etwas nervös. Der Raum unter unserem Bett, wo sich die gesamte Bootselektrik befindet, ist sehr eng und man muss beim Arbeiten recht aufpassen. Mit dem neuen Inverter haben wir um 50% mehr Leistung zur Verfügung und zusammen mit den Lithium Batterien können wir nun viel mit Strom in kurzer Zeit erledigen, wozu wir früher den Gasherd gebraucht haben. Die nervigen 'overload' Meldungen des alten Inverters sind nun vorbei.
25. März:
Um 17 Uhr fahren wir aus der Marina in die Bucht Cul-de-Sac du Marin hinaus. Wir ankern wieder in der Nähe des Ortes Sainte-Anne. Hier ist es immer windig - Martinique gehört zu den Winward Islands -der Wind hat in den letzten zwei Tagen aber noch weiter zugelegt, in den Böen um 25+ Knoten. Wir liegen erfreulich ruhig vor Anker und genießen einen malerischen Sonnenuntergang.
26. März:
Den Tag verbringen wir in Sainte-Anne. Hinter der historischen Kirche führt ein Kreuzweg über einen felsigen Pfad mit Steinstufen den Hügel hinauf, den wollen wir heute gehen. Er windet sich in Serpentinen, umgeben von üppiger Vegetation, von Station zu Station.
Außer uns ist noch eine kleine Gruppe einheimischer Frauen zur Andacht unterwegs. Sie beten und singen bei jeder der 14 Stationen. Es sind besinnliche Stunden auf dem sehr idyllischen Kreuzweg.
Anschließend besuchen wir den stimmungsvollen Friedhof von Sainte-Anne. Er liegt auf einem schmalen Streifen Land zwischen der Straße und der Steilküste. Aufgrund des sehr begrenzten und nicht erweiterbaren Platzes sind fast alle Gräber mit vielen Dahingeschiedenen von zum Teil sehr großen Familien belegt.
28. März:
Nachdem wir gut eine Stunde auf den Bus 23 gewartet haben, entschließen wir uns ein Taxi zu nehmen, um zu dem als den schönsten beschriebenen Strand von Martinique, manche meinen sogar von der gesamten Karibik, zu kommen. Er liegt am südlichen Zipfel von Martinique. Wir sind überrascht, wie viele Autos geparkt und wie gut besucht die Strandlokale und der Strand sind. Der Sand ist sehr fein, schattenspendende Bäume und Kokospalmen säumen den weitläufigen Strand.
Wir genießen das Nichtstun, schwimmen im warmen Atlantik und essen zu Mittag unter einem dichten Blätterdach in einem der Strandrestaurants gegrillten Fisch, der ganz ausgezeichnet schmeckt. Urlaubsstimmung pur.
2. April:
Wir sind in letzter Zeit viel zu wenig gegangen - aus Mangel an Gelegenheiten - und haben Lust wieder einmal etwas ausgiebiger zu wandern. Die Informationen in den Tourismus-Guides bezüglich Wanderwegen sind recht allgemein gehalten und nicht gut beschrieben. Umso mehr sind wir dann positiv überrascht, als wir außerhalb von Sainte-Anne auf der Straße eine Tafel mit einem gut ausgeschilderten Weg finden. Er führt entlang der Küste Richtung Süden, oft mit direktem Zugang zum Wasser.
Es ist ein attraktiver, abwechslungsreicher Weg und wir wandern stundenlang dahin. Wir erfreuen uns an der Natur, dem schattigen Wald und den tosenden Brandungswellen des Atlantiks direkt neben uns.
6. April:
Für heute haben wir uns eine längere Wanderung entlang der Südküste bis Les Salines vorgenommen. Den ersten Teil kennen wir schon, der Weg bleibt auch weiterhin abwechslungsreich und wir genießen das entspannte Dahinwandern sehr.
Wir essen zu Mittag im selben Strandrestaurant wie vor ein paar Tagen und bleiben etwas am Strand, bevor wir uns auf den Rückweg machen.
Der Rückweg zieht sich, ein langer Teil des Weges ist weicher Sandboden und das Gehen darauf anstrengend, schwül ist es obendrein. Wir sind froh, als wir endlich die ankernden Segelboote und unser Dinghy am Steg sehen.
9. April:
Um 9 Uhr holen wir den Anker auf und segeln aus der Cul-de-Sac du Marin Bucht hinaus. Wir setzen den Code Zero und segeln die Westküste von Martinique in nördlicher Richtung zur Bucht Grand Anse d'Arlet. Die Sonne scheint, der Wind mit 10+ Knoten kommt aus Ost, die Welle ist nachfolgend. Es ist ein echtes Genußsegeln.
Wir kommen am 175 m hohen Diamant Rock vorbei, der am Beginn des 19. Jahrhunderts eine Zeitlang von den Engländern aus strategischen Gründen besetzt war, die damals einen Großteil der Karibischen Gewässer beherrschten. Napoleon, dessen Frau Josephine in Martinique geboren und aufgewachsen ist, hat sich möglicherweise dadurch persönlich gekränkt gefühlt und befahl Admiral Villeneuve, den Felsen zu befreien, was auch gelang. Das hatte aber keinen Einfluss auf die Vorherrschaft der Engländer in der Karibik.
Zu Mittag lassen wir in der Bucht, die von hohen, grünen Bergen umgeben ist, vor dem kleinen Ort Grand Anse d'Arlet den Anker fallen, was sich als ziemlich mühsam herausstellt, er hält nicht, rutscht. Wir ankern mehrmals um, dann verzichten wir auf das Einfahren des Ankers. Wir haben 75 m Kette bei einer Wassertiefe von 6,5 m unten, es ist fast windstill, keine Strömung und es sind keine Boote in unmittelbarer Nähe, es sollte kein Problem sein, der Ankeralarm ist aktiviert und bei einem Alarm würden wir auch in der Nacht sicher aufwachen.
Auf der Suche nach einem Ankerplatz sieht Philipp unsere österreichische Flagge und ruft uns zu, er kommt wie Erwin ursprünglich aus Oberösterreich. Er ist mit seiner Frau und Tochter auf seiner Ocean Spirit 1 in der Karibik unterwegs.
10. April:
Die Nacht war ruhig, das Boot hat sich innerhalb des Ankerkeises kaum bewegt. Wir versuchen, den Anker einzufahren und machen dabei erhebliche Fahrt zurück. Der Anker hält ganz offensichtlich nicht. Bevor wir von Bord gehen, müssen wir einen sicheren neuen Ankerplatz suchen, sonst können wir nicht beruhigt die Bucht für mehrere Stunden verlassen, was wir aber für eine Wanderung zur nächsten Bucht vorhaben. Nach einigen Versuchen hält der Anker beim Einfahren, wir sind erleichtert und fahren zum Strand. Während der Dinghyfahrt sehen wir eine Schildkröte, die ihren Kopf aus dem Wasser streckt. Die Bucht ist bekannt dafür, dass man mit Schildkröten schnorcheln kann und sie wird deshalb auch viel von Tagesausflugsbooten angefahren. Das Wasser ist von einem wunderbaren Blau und kristallklar.
Nachdem wir uns in einem chicen Strandrestaurant mit einem herrlich zarten Lamm gestärkt haben, gehen wir los. Unser Ziel ist der Ort Les Anses d'Arlet in der nächsten Bucht, den man über einen Weg über bewaldete Hügel erreicht.
Der Weg ist als 'excellent trail' beschrieben. Wir müssen ständig über Vulkangestein unterschiedlicher Größe bergauf und bergab. Der Weg im dichten Wald und Gebüsch ist schmal, Ausblick gibt es keinen, Wegweiser gibt es keine, bei einigen Abzweigungen ist man auf das Gefühl angewiesen, wo es weitergehen könnte. Handyempfang gibt es auch keinen, wir sind sicher, dass wir uns vergangen haben, weil wir schon viel zulange unterwegs sind. Zum Glück treffen wir einen jungen Mann, 'nous nous sommes perdus' (wir haben uns verirrt) bringt Erwin auf Französisch heraus. Wir sind mehr als erleichtert, als er uns sagt, dass wir kurz vor einer Abzweigung sind, von der es direkt zum Ort hinunter geht. An dieser unscheinbaren und auch nicht gekennzeichneten Abzweigung wären wir mit Sicherheit vorbei gegangen. Danach ist es einfach, nach 10 Minuten sehen wir Les Anses d'Arlet und nach weiteren 20 Minuten sind wir im Ort unten.
Auch diese Bucht ist wunderschön und der Ort mit seinen bunten Häusern recht malerisch. Wir löschen in einem Strandlokal unseren Riesendurst, wir sind ziemlich erschöpft. Wir könnten mit dem Bus um 17:30 Uhr nach Grand Anse d'Arlet zurückfahren, falls er kommt, was nicht immer sicher ist. Wir entscheiden uns für die sicherere aber viel anstrengendere Variante und gehen über den Trail zurück. Da wir jetzt wissen, wo wir abzweigen müssen, machen wir keine unfreiwilligen Umwege, die Temperatur ist angenehmer, wir schaffen den Rückweg in knapp zwei Stunden. Die Sonne geht mit einem großen orangen Ball unter als wir in unser Dinghy steigen und zu unserer 'Crocodile' fahren. Wir sind hundemüde.
12. April:
Zu Mittag segeln wir zu der nur drei Seemeilen weiter nördlich gelegenen Bucht Anse Dufour. Es ist eine sehr kleine Bucht und mit uns als 6. Segelboot schon ziemlich voll. Am Strand ist viel los, es kommen viele Tagesgäste mit Autos und Booten zum Baden und Schnorcheln hierher. Die Urlaubsstimmung wirkt stimulierend, wir fühlen uns auch wie im Urlaub. Dieses angenehme Gefühl haben wir schon, seit wir in Martinique sind.
Nach Sonnenuntergang ist es ruhig, die Boote und die Autos mit den Tagesgästen sind weg und nur mehr wir und ein weiterer Katamaran bleiben in der Bucht.
Die Bucht ist über viele Stufen, die den Hügel hinauf und wieder hinunter führen mit der ebenfalls sehr kleinen Bucht Anse Noire verbunden.
Wie der Name schon sagt, ist der Strand schwarzer Vulkansand und das nur wenige hundert Meter entfernt vom goldgelben Sand in der Bucht Anse Dufour. Auch hier ist die Bucht von Tagesgästen gut besucht.
13. April:
Um 10:30 segeln wir 5,4 Seemeilen weiter nach Norden und ankern vor dem Ort Schoelcher, benannt nach Victor Schoelcher, der sich im 19. Jahrhundert für die Befreiung der Sklaven eingesetzt hat. 10 Segelboote bevorzugen wie wir diesen ruhigeren Ankerplatz neben der Hauptstadt Fort-de-France.
In den Buchten seit Grand Anse d'Arlet sehen wir immer wieder jagende Pelikane. Sie stürzen aus großer Höhe senkrecht ins Wasser, es ist faszinierend. In Grand Anse d'Arlet ist ein Pelikan ziemlich knapp über unseren Köpfen hinweggeflogen, als wir im Strandrestaurant gesessen sind. Ganz schön groß, so ein Vogel. Sie landen mitunter zum Ausrasten auf unserem Boot, leider nicht ohne Spuren zu hinterlassen.
14. April:
Wir fahren mit dem Bus ins Stadtzentrum, es sind nur etwa 10 Minuten, die Fahrt kostet nichts. Fort-de-France hat über 75.000 Einwohner. Die Stadt wirkt etwas heruntergekommen, das ist schade. Es gibt Gebäude aus der Kolonialzeit, die es durchaus wert wären, restauriert zu werden und wir haben den Eindruck, dass sie zum Teil unbewohnt bzw. ungenützt sind. Wir sehen keine guten Restaurants, Cafés, oder Geschäfte. Wir vermissen hier das französische Flair, das uns in den kleinen Orten entlang der Küste so angesprochen hat.
In der Fussgängerzone im Zentrum findet man einzelne restaurierte Häuser und Häuserzeilen. Beispiele dafür, wie es aussehen könnte.
Bibliothèque Schoelcher
Die Bibliothek ist nach dem Stifter Victor Schoelcher, einem Mäzen, Politiker und Publizisten benannt. Sie ist ein zerlegbarer, in Fertigbauweise errichteter Metallskelettbau, der zur Gänze in Frankreich hergestellt und hier zusammengebaut worden ist. 1893 wurde die Bibliothek eröffnet und sie wird täglich benutzt.
15. April:
Nachdem wir im Dinghy auf der Fahrt von unserer 'Crocodile' zum Steg durch einen kurzen, heftigen Regenschauer ordentlich eingewaschelt werden, fahren wir wieder mit dem Bus nach Fort-de-France. Der öffentliche Verkehr funktioniert sehr gut, die Intervalle sind relativ kurz. Will man an einer Haltestelle aussteigen, ruft man dem Busfahrer 'arrêt' (stehenbleiben) zu, sonst fährt er durch.
Cathédrale Saint-Louis
Das jetzige Gotteshaus im neugotischen Stil wurde 1891 vom Architekten Pierre-Henri Picq erbaut, nur ein Jahr, nachdem die alte Kathedrale im Juni 1890 durch ein desaströses Feuer, das auch das Stadtzentrum verwüstete, zerstört worden war. Das Gerüst ist komplett aus Metall, das wie die Bibliothèque Schoelcher vom Industrieunternehmen Moinsant-Laurent-Savey in Frankreich vorgefertigt und nach Martinique verschifft wurde. Es verleiht dem Bau eine gewisse Transparenz und Leichtigkeit.
Fort Saint-Louis
Das Fort aus dem 17. Jahrhundert kann nur mit einer Führung, durchgeführt vom Tourismus Office, besucht werden. Nachdem in der Früh das 330 m lange Kreuzfahrtschiff 'Enchanted Princess' in den Hafen eingelaufen ist, findet heute eine Führung in Englisch statt.
16. - 24. April:
Nach dem Frühstück segeln wir an der Westküste weiter Richtung Norden nach Saint-Pierre und legen nach 11 Seemeilen an einer Mooring-Boje vor Saint-Pierre, der ehemaligen Hauptstadt von Martinique an. Beim Ausbruch des Vulkans Pelée im Jahr 1902 überlebten nur drei der rund 30.000 Einwohner. Heute hat Saint-Pierre etwas mehr als 4.000 Einwohner, die hauptsächlich vom Tourismus leben.
Das Mooringfeld mit 130 Mooring-Bojen ist sehr groß, die Lage vor dem Ort mit Blick auf die dominante Cathédrale und auf den Montagne Pelée ist wunderbar.
Sehr zu unserer Freude gibt es einen Frischmarkt für Obst und Gemüse und zwei Supermärkte (Carrefour Express und U Express). Den U Supermarkt kennen wir bereits von Französisch Guyana, er ist besonders gut sortiert.
In zentraler Lage steht das attraktive Holzgebäude mit typischen Elementen kreolischer Architektur. Es ist eine Replika der Börse, die vor dem Vulkanausbruch Handelsdrehpunkt in Saint-Pierre war. Heute ist die Capitainerie und das Tourismus Office in dem Gebäude untergebracht.
Cathédrale Saint-Pierre
1654 errichteten Dominikanische Mönche hier eine kleine Kapelle und nach diversen Modifikationen wurde das Gotteshaus 1852 Co-Kathedrale. Die Cathédrale ist das signifikante Wahrzeichen des Ortes und ihr strahlendes Weiß schon von Weitem sichtbar. Sie wurde 1923 wieder aufgebaut und erhielt das Aussehen wie vor dem Vulkanausbruch durch eine Renovierung im Jahr 2024.
Entlang der Uferstraße begegnet man den Überresten des Vulkanausbruchs.
Saint-Pierre hatte bereits seit 1786 ein Theater. Es war das Zentrum der gebildeten Oberschicht und zeigte aktuelle große Pariser Opern, Ballette und Theaterstücke. Es wurde 1891 durch einen Zyklon zerstört und 1900, kurz vor dem Vulkanausbruch wieder aufgebaut. Das Auditorium hat eine außergewöhnlich gute Akustik.
Das Gefängnis wurde 1839 für kurze Haftstrafen bis maximal einem Monat erbaut. Der Gefangene Louis Auguste Cyparis überlebte den Vulkanausbruch in seiner Zelle aufgrund der dicken Mauern und der geschützten Lage am Fuße eines Felsvorsprungs.
Frank Perret Museum
Anhand von Fotografien, Gegenständen des alltäglichen Lebens und Dokumenten kann man sich ein Bild davon machen, mit welcher alles zerstörender Gewalt die reiche und blühende Hauptstadt mit dem Beinamen 'Paris der Karibik' am 8. Mai 1902 um 7:52 in der Früh innerhalb von wenigen Minuten von dem pyroklastischen Strom überflutet und ausgelöscht worden ist. Die Stadt wurde mit einer mehrere Meter dicken Schicht von Asche überzogen und erst im Jahre 1920 konnte damit begonnen werden, diese Schicht abzutragen.
Im Gedenkraum sind die Namen der Verstorbenen auf Wandtafeln aufgelistet, in der Mitte des Raumes ist die zerstörte Glocke zu sehen. Die Wracks von 12 Schiffen liegen in 10 bis 50 Meter Tiefe vor dem Ort, in diesem Bereich darf man nicht ankern.
18. April:
Zoo de Martinique
In Le Carbet, nur 20 Gehminuten von Saint-Pierre entfernt, besuchen wir den Zoo, der sich in einer einmalig schönen, weitläufigen, sehr gepflegten Naturparkanlage befindet, designed von Jean-Philippe Thoze, der auch den Botanischen Garten Jardin de Balata in Fort-de-France gestaltet hat.
Jean-Philippe Thoze kombinierte die vom Vulkanausbruch vorhandenen Überreste der Habitation Latouche (Ruine des Herrenhauses und das Schaufelrad), mit wunderschönen botanischen Kompositionen, in denen der Zoo mit vielen Tieren aus aller Welt eingebettet ist. Wir sind in jeder Hinsicht positiv überrascht.
In der Habitation Latouche, einer der ältesten Behausungen der Insel, wurde ab 1664 Zucker produziert, später folgten Rum, Kakao, Maniok und Indigo. Zucker und Vergärung zu Rum waren Haupteinnahmequellen. Kleinwasserkraft war hier der Standortvorteil, der diese Anlage ermöglichte. Das Wasser wurde über einen Kanal auf ein riesiges Wasserrad geleitet, das die Maschinen zum Auspressen des Zuckerrohrs angetrieben hat.
Hier gibt es Schildkröten mit gelben Tupfen und Füßen, es gibt aber auch welche mit roten Tupfen und Füßen, witzig aussehende Kaiserschnurrbart Tamarine und ein kleines Rudel Waschbären.
Begeistert sind wir von dem Prachtexemplar eines Ameisenbärs, wir sehen Iguanas in unterschiedlichen Farben und verspielte Totenkopfäffchen.
Wir freuen uns, dass wir hier einen Puma und einen Panther zu sehen bekommen. Zwei schöne, entspannte Raubkatzen. In anderen Zoos waren die Raubkatzen nur im Prospekt abgebildet.
19. April:
Der Weg zur Depaz Destillerie, etwas außerhalb von Saint-Pierre gelegen, führt an den Ruinen der Fort Kirche vorbei.
L'èglise du Fort à Saint-Pierre
Die Fort Kirche war die älteste Kirche in Saint-Pierre und auf Martinique. Sie wurde um 1640 gegründet und von den Jesuiten verwaltet. Zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs befanden sich Dutzende Erstkommunikanten und ihre Eltern in der Kirche.
Distillerie Depaz
Der Weg bis zur Destillerie ist lang und immer leicht ansteigend, natürlich ist es heiß und schwül. Dort angekommen, belohnen wir uns mit einem sehr guten Mittagessen im angeschlossenen Restaurant.
Seit 1651 wird hier Rum erzeugt. Das Chateau und die großzügige und sehr gepflegte Anlage zeigt, dass die Herstellung von legalen Sucht- und Genussmitteln schon immer ein sehr gutes Geschäft war, das ist auch heute noch so.
Nur einer der Familie, Victor Depaz, überlebte den Vulkanausbruch, weil er zum Zeitpunkt der Katastrophe in Bordeaux studierte. Er baute die Brennerei erneut auf.
Es wird ausschließlich eigenkultiviertes Blaues Zuckerrohr verwendet, das am schwierigsten zu kultivieren ist, es ist besonders aromatisch. Der hier erzeugte hochwertige Rum wird als Rhum Agricole bezeichnet, weil er aus landwirtschaftlicher Herstellung stammt und aus frisch gepresstem Zuckerrohrsaft erzeugt wird.
22. April:
Vierge des marins
Wir gehen zur Jungfrau der Seeleute, die auf dem Gipfel des Morne d'Orange hoch über der Bucht seit 1870 aufs Meer hinausblickt und über die Stadt wacht. Die sehr steile, schmale Straße bietet schöne Ausblicke auf Saint-Pierre und führt durch naturbelassenen dichten Wald.
Die Statue hat den Vulkanausbruch wie durch ein Wunder unbeschadet überstanden, obwohl ihr Sockel durch eine brennende Wolke zerstört und die 4 Tonnen schwere Statue mehrere Meter in die Tiefe geschleudert wurde.
23. April:
Morgen nach Mittag legen wir ab nach Guadeloupe, zu den Inseln der Heiligen, eine kleine Inselgruppe, die etwa 10 km vor der Hauptinsel liegt. Es sind rund 80 Seemeilen zu segeln, in den Prognosen ist relativ schwacher Wind vorhergesagt, so um die 10 Knoten, aber wenigstens die Richtung stimmt. Im letzten Drittel erwarten wir eine Flaute. Wir rechnen damit, dass wir am 25. April am Vormittag da sein werden.